der homosexuelle mann … von ELMAR KRAUSHAAR
:

… ist ein Romantiker, ein Schwärmer, einer, der nicht wissen will, aber träumen. Und weil das so ist, hat er ganz schnell mal einen Arschbetrüger an der Backe. Arschbetrüger sind jene Männer, die den Homosexuellen ordentlich heiß machen und dann im Regen stehen lassen, die sich gern bezirzen lassen und den Schwanz oder den Arsch verweigern. Arschbetrüger sind stockhetero und trotzdem ganz ohne Angst vor dem schwulen Mann. Der kann ihnen nichts, den haben sie in der Hand, ihrer Ausstrahlung so sicher wie ihrer Wirkung. Dass irgendjemand sie für schwul halten könnte, beunruhigt sie keineswegs, für ihre grenzenlose Eitelkeit und Selbstliebe nehmen sie auch das in Kauf. Alain Delon und David Bowie gehörten zu der besonderen Spezies, als sie noch jung waren, oder Andreas Baader, als er noch lebte. Jungstar Alexander ist so ein kokettes Ding ebenso wie Robbie Williams.

Und Christian Anders. Der durchgeknallte Esoteriker unter Deutschlands Schlager-Altlasten plaudert nicht ohne Stolz in seiner unlängst erschienen Biografie von seinen Arschbetrügereien. „Wenn es eh schon jeder von mir dachte – warum nicht mal mit einem Mann?“, überschreibt der Prahlhans das entsprechende Kapitel, um dann vom Leder zu ziehen: „Manchmal hatte ich bis zu sieben Frauen im Bett, und niemals etwas mit einem Mann!“ Damit der Mangel nicht zur Gewohnheit wird, landet Anders eines Nachts im Berliner „Pimm’s Club“ und geht dort der nächstbesten Beautie ans Knie: Rex Gildo. „Er muss im vergangenen Leben tatsächlich mal ein Mädchen gewesen sein“, orakelt der Sänger: „Daher seine fast feminine Schönheit.“ Beide finden sich schließlich im Anders’schen Doppelbett wieder, und Sexprotz Christian ist immer noch begeistert: „Rex hatte die schönste Haut, die ich je gesehen hatte. Viel schöner als eine Frau.“

Und trotzdem kommt es nicht zum Äußersten, der Arschbetrüger kennt seine Grenzen: „Wir machten nicht genau, was normalerweise zwei Männer miteinander tun. Es war mehr die Andeutung dessen, was zwei Männer getan hätten.“ In seiner überkandidelten Verwirrtheit sucht Anders heute noch nach einem tieferen Sinn in seinem abgebrochenen One-Night-Stand mit dem Kollegen Gildo: „Ich erkläre mir das so, dass wir vielleicht in einem vergangenen Leben schon mal zusammen waren. Als Geliebte oder als Bruder und Schwester, Mann und Frau, wer weiß?“ Wem das nicht reicht zur Erklärung, dem hilft die Autorin der Biografie und langjährige Lebenspartnerin des Sängers, Liselotte Millauer, auf die Sprünge: „Christian liebte die Frauen nicht. Im Gegenteil. Im Grunde verachtete er sie eher, weil sie alle so leicht zu haben waren.“

Die verfehlten Analyseversuche stören aber nicht die Erinnerung an eine schöne amour fou aus der Schummerwelt des Schlagers: Christian Anders und Rex Gildo! Gern würde man die Liaison in Gedanken weiterspinnen und „Somethin’ stupid“ von ihnen hören, auf Deutsch und im Duett. Oder „Je t’aime – moi non plus“ und „Lass uns ein Wunder sein“. Chris & Rex: Was für ein Traumpaar hätte daraus werden können – und wir hätten in all den Jahren nicht auf heterosexuelle Surrogate wie Cindy & Bert, Adam & Eve oder Nina & Mike zurückgreifen müssen.