Teures Finale der Gemeinwirtschaft

Gewerkschaftsholding will Finanzbeteiligungen loswerden. Das kostet DGB & Co. zunächst 383 Millionen Euro

HAMBURG taz ■ Der DGB und die deutschen Gewerkschaften haben tief in die Tasche gegriffen, um ihre Beteiligungsgesellschaft BGAG fit für einen Verkauf zu machen. 383 Millionen Euro sollen geflossen sein. „Wir haben die Braut hübsch gemacht“, sagten Gewerkschafter der taz.

Die Finanzspritze soll Risiken bei der Allgemeine Hypothekenbank Rheinboden kurieren. Die AHBR, eine der größten Hypothekenbanken in Europa, gehört der Beteiligungsgesellschaft BGAG, die früher die Zentrale der so genannten Gemeinwirtschaft war und heute noch Anteile in der Immobilienbranche und an Finanzdienstleistern wie der Bausparkasse BHW besitzt.

Sie sitzt in Frankfurt am Main und gehört dem DGB und einigen Gewerkschaften. Die sollen das Geld laut FTD auf ein Treuhandkonto eingezahlt haben, um mögliche weitere Verluste der AHBR abzudecken, die 2001 durch missglückte Zinsspekulationen in eine Schieflage geraten war. Vor drei Jahren hatten die Gesellschafter schon einmal das Aus verhindert – mit 650 Millionen Euro.

Kritiker sehen trotz des erneuten Zuschusses „eine Lawine auf die Bank zurollen“. DGB und BGAG wollten sich offiziell nicht äußern. Bereits kürzlich hatte die BGAG eine Krise abgestritten, auch bei der Hypotheken-Tochter gebe es „keine neuen Probleme aus Zinsgeschäften“. Alle Gefahren stammten aus früheren Geschäften, vor allem aus der Finanzierung von Ostimmobilien, und seien inzwischen „bewältigt“, hieß es vor einer Woche. Gleichzeitig kündigte die BGAG an, dass möglicherweise zusätzliche Wertberichtigungen im oberen zweistelligen Millionenbereich nötig seien: „Ärgerlich, aber nicht dramatisch.“ Aus dem Umfeld der BGAG werden die 383 Millionen nun als letztes Schmuckstück für die Braut dargestellt, die für einen Milliardenbetrag verkauft werden soll.

1968 hatte der umstrittene Gewerkschaftsbankier Walter Hesselbach auf der Suche nach einem dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus die „Gemeinwirtschaft“ geschaffen, zu der sich neben den Konsumgenossenschaften der Versicherungskonzern Volksfürsorge, die Großbank BfG (heute SEB) und die Wohnungsgesellschaft Neue Heimat gesellten. In den Achtzigerjahren brach das Imperium zusammen. Gewinnorientierte Vorstände hatten das Ruder übernommen, Managementfehler und Großmannssucht der Gewerkschaftsmanager, Betrügereien, aber auch die kapitalstarke Konkurrenz trieben die gut gemeinte Wirtschaftsidee in die Pleite. Die Volksfürsorge und die zuletzt überaus erfolgreiche DiBa wurden verscherbelt. Es blieben die BGAG und einige Finanzbeteiligungen. Letztere sollen nun auch verkauft werden, damit sich die BGAG auf gewerkschaftsnahe Dienstleistungen konzentrieren kann. Einige Interessenten für die BHW und die AHBR sollen bereits angeklopft haben. HERMANNUS PFEIFFER