Mullahs machen Pause bei der Urananreicherung

Das Atomprogramm ist für Teheran zur Prestigefrage geworden. Im Gegensatz zu den USA wollen die Europäer den Streit mit Verhandlungen beilegen – nicht ohne Erfolg

BERLIN taz ■ Die USA setzen auf den harten Kurs, die Europäer haben sich dagegen für den diplomatischen Weg entschieden, den Streit um das iranische Atomprogramm zu lösen. Nach der vorläufigen Beilegung des Konflikts auf der Tagung des Gouverneursrats der Internationalen Atombehörde (IAEA) am 29. November in Wien haben die drei EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien letzte Woche ihre Verhandlungen mit Iran wieder aufgenommen. Iran hatte, als das Scheitern der Tagung in Wien drohte, noch in letzter Minute der vollständigen Aussetzung seiner Urananreicherung sowie allen damit verbundenen Aktivitäten zugestimmt.

Doch damit ist der Konflikt längst nicht ausgeräumt. Denn Iran betrachtet das Einlenken als eine „freiwillige, vertrauensbildende Maßnahme“. Die Aussetzung der Urananreicherung solle nur auf die Zeit der Verhandlungen beschränkt werden. Diese sollten nicht länger als drei Monate dauern, verlautete aus Teheran. „Wir können nicht zulassen, dass andere Staaten unsere Anreicherungsaktivitäten völlig stoppen. Deshalb werden wir sie unter Aufsicht der IAEA und im Rahmen unserer internationalen Verpflichtungen in Kürze wieder aufnehmen“, sagte Irans Chefunterhändler für Atomfragen, Hassan Rowhani. Auch Vertreter aller Fraktionen im islamischen Parlament sowie führende Politiker betonen immer wieder, dass sie die Urananreicherung als verbrieftes Recht eines jeden Staates betrachten und sich dieses Recht niemals nehmen lassen werden. Iran werde jedem Druck von außen, der seine Souveränität beeinträchtige, Widerstand leisten, sagte Revolutionsführer Ali Chamenei. Die EU und noch mehr die USA beharren demgegenüber auf einen dauerhaften Stopp der Urananreicherung.

Die Verhandlungen mit den drei EU-Staaten sollen in drei Arbeitsgruppen, die sich mit ökonomischen Fragen, Fragen der Sicherheit und Politik sowie mit dem iranischen Atomprogramm befassen, fortgesetzt werden. Dabei geht es vor allem auch um ein Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Iran. „Das Abkommen wird von der EU im Zusammenhang mit dem Bemühen gesehen, Iran an der Urananreicherung zu hindern“, hieß es in der EU-Kommission. Es werde kein Abkommen geben, wenn Iran die Urananreicherung wieder aufnehme.

Das ist genau die Politik von „Zuckerbrot und Peitsche“, mit der die EU-Staaten hoffen, den Streit um das iranische Atomprogramm beilegen und darüber hinaus Iran dazu bewegen zu können, am Kampf gegen den internationalen Terrorismus und am Friedensprozess in Palästina, Irak und Afghanistan mitzuwirken. Die EU hat dabei auch ökonomische Interessen. Sie ist vor Japan und China der größte Handelspartner Irans und mit knapp 30 Prozent am iranischen Außenhandel beteiligt.

Washington ist dagegen davon überzeugt, dass die Urananreicherung nur einem Zweck dient – dem Bau von Atombomben – und plädiert deshalb für Sanktionen. Schon mehrmals hat die Bush-Administration offen erklärt, einen Regimewechsel in Iran herbeiführen zu wollen. In Israel werden deren Einschätzungen geteilt. Nach Berichten der internationalen Presse haben israelische Geheimdienste der Regierung bereits Pläne zur Bombardierung iranischer Atomanlagen vorgelegt. Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas dementierte zwar die Meldungen. Das seien „Unterstellungen“, sagte er in einem Interview mit dem Privatsender 10, fügte jedoch hinzu, der Umgang der USA mit dem umstrittenen iranischen Atomprogramm sei seiner Ansicht nach „richtig“. BAHMAN NIRUMAND