Gesprächige Fundis

NRW-Integrationsbeauftragter trifft auf Schulverweigerer

Der Integrationsbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Klaus Lefringhausen, ist ein erfahrener, weit gereister und gebildeter Mann. Seine Sprache klingt meist theoretisch. In dieser Woche muss der Integrationsbeauftragte jedoch konkret werden.

Lefringhausen wird nach Paderborn fahren, um mit sieben Elternpaaren zu reden, die ihre 15 Kinder seit Monaten nicht mehr auf öffentliche Grundschulen schicken. Die Eltern sind aus Kasachstan zugewandert und gehören einer kleinen fundamentalistischen Baptisten-Vereinigung an. In den Lehrplänen der Grundschulen sehen sie einen Verstoß gegen ihr Grundrecht auf Glaubensfreiheit. Dass sich die christlichen Fundamentalisten überhaupt zu einem Gespräch mit dem Landes-Beauftragten bereit erklärt haben, wird im Landkreis Paderborn bereits als erster Erfolg in einem verfahrenen Konflikt gewertet.

Seit Jahrzehnten ist es Lefringhausen gewohnt, dicke Bretter zu bohren. Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler war Geschäftsführer des Deutschen Forums für Entwicklungspolitik. Von 1974 bis 1989 vermittelte er im Auftrag der beiden großen christlichen Kirchen mehrfach zwischen Bürgerkriegsparteien im Sudan, in Guatemala oder El Salvador. Er arbeitete als Journalist und von 1995 bis 2000 als Nord-Süd-Beauftragter der Ministerpräsidenten Johannes Rau und Wolfgang Clement. Anfang 2002 wurde Lefringhausen nach längerem Hin und Her zum Integrationsbeauftragten berufen.

Das Amt ist in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt: Der Siebzigjährige sieht seine Aufgabe darin, einerseits die Integrationsbereitschaft der Zugewanderten zu verbessern und andererseits die Integrationsoffenheit der Gesellschaft zu stärken: „Die meisten Berührungsängste entstehen aus Nichtberührung«, sagt er. Lefringhausen wirbt für mehr Dialog in Wirtschaftsbetrieben, Schulen und öffentlichen Verwaltungen. Auf einem Integrationskongress im Sommer des Jahres machte er sich stark für eine „Stiftung für Integration in NRW“. Im Dezember wurde sie gegründet.

Der Vermittlungsbesuch in Paderborn ist nicht der erste dieser Art: Vor drei Jahren vermittelte der gebürtige Kölner bereits in Espelkamp. Dort ansässige Mennoniten wollten ihre Kindern nicht mit auf Klassenfahrt schicken. Am Ende stand ein Kompromiss.

„Integration gelingt, wenn sie nicht für andere, sondern mit ihnen erdacht und nicht verordnet und aufgedrängt wird, sondern Raum gibt für die Würde der eigenen Tat“. Lefringhausen liebt ausgewogene Sätze – und ausgewogene Taten. Statt mit „Sanktionen“ zu drohen, erinnert er lieber an ein afrikanisches Sprichwort: „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“. Um Einsicht müsse man auf beiden Seiten immer wieder „werben“, sagt Lefringhausen. Er wird es auch im Paderborner Schulkonflikt versuchen.

HUBERTUS GÄRTNER