Pakt wird weich geklopft

EU-Finanzminister beraten über Reform des Stabilitätspakts. Bundeskanzler Schröder fordert Ausnahmeregeln. Ökonom Zimmermann warnt vor Aufweichung des Drei-Prozent-Kriteriums

BERLIN taz ■ Der Stabilitätsvertrag von Maastricht in seiner bisherigen Form ist überholt. Bei ihrer Konferenz in Brüssel berieten die europäischen Finanzminister gestern darüber, wie das Drei-Prozent-Kriterium für die jährliche Staatsverschuldung flexibilisiert werden kann. EU-Ratsvorsitzender Jean-Claude Juncker betonte, der Pakt werde „nicht aufgeweicht, wir werden Stabilitätselemente hinzufügen“.

Die EU-Finanzminister würden „das Defizitkriterium von drei Prozent bis zur Unkenntlichkeit aufweichen“, erklärt dagegen Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im taz-Interview. Zimmermann befürchtet, dass ohne eine wirkliche Reform des Stabilitätspakts künftig jede nationale Regierung machen könne, was sie wolle. „Die Regierungen werden immer einen Grund finden, das Defizitkriterium zu umgehen“, sagte Zimmermann.

Im Vorfeld der Finanzministertagung hatte unter anderem Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) verlangt, Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die Schuldengrenze von weiteren ökonomischen Größen abhängig zu machen. Als Beispiel nannte Schröder Strukturreformen wie die deutsche Agenda 2010. Unter Rot-Grün hat Deutschland dreimal gegen den Pakt verstoßen.

Die Bundesbank und Regierungen wie die österreichische und niederländische wehren sich gegen die Aufweichung. Die Verhandler hätten nun „extreme Ansichten aufgegeben“, sagte Juncker gestern. Nach Ansicht von Finanzminister Hans Eichel (SPD) war man auf dem Weg zu „einer vernünftigen Anwendung“ des Paktes.

Bisher ist im Stabilitäts- und Wachstumspakt von Maastricht von 1997 festgelegt, dass jedes Mitgliedsland der EU pro Jahr nur drei Prozent Staatsschulden im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt machen darf. Kritische Ökonomen haben diese Grenze oft als Hindernis für eine konjunkturfördernde Wirtschafts- und Finanzpolitik bezeichnet. HANNES KOCH

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