Kampf gegen die Versiegelung

Mit Regenwassernutzungsanlagen könnte der tägliche Trinkwasserverbrauch um bis zu 50 Prozent gesenkt werden. Umweltschützer fordern eine gerechtere Berechnung der Abwassergebühren: „Der Trend geht in die richtige Richtung“

VON ULLA JASPER

Mit Freude gab Verkehrsminister Axel Horstmann (SPD) Ende des vergangenen Jahres bekannt, dass die Landesregierung im Jahr 2004 weitere 30,3 Kilometer Fernstraßen gebaut habe. Doch was für den Verkehrsminister eine Erfolgsmeldung ist, ist für Naturschützer eine traurige Nachricht unter vielen.

Denn die voranschreitende Versiegelung des Bodens erhöht nicht nur die Hochwassergefahr, sondern macht die Trinkwassergewinnung immer schwieriger und aufwändiger. In den letzten vier Jahrzehnten hat sich die versiegelte Fläche in Deutschland mehr als verdoppelt. Und je mehr Flächen asphaltiert und Häuser gebaut werden, umso schlechter kann Regenwasser im Untergrund versickern. Es fließt direkt in die Kanalisation und wird somit zu Abwasser, das in Klärwerken gereinigt werden muss – nur um anschließend für die Toilettenspülung, die Waschmaschine oder zum Gießen des Gartens wieder verbraucht zu werden. „Obwohl der tägliche Mindestbedarf an Trinkwasser zur Ernährung bei lediglich etwa 2,5 Litern liegt, verbraucht jeder einzelne von uns knapp 140 Liter“, so der Bund für Umwelt und Naturschutz NRW (BUND). Dabei werde der überwiegende Anteil noch immer für die Toilettenspülung, zum Baden und Wäschewaschen verwendet.

Die Umweltschützer fordern deshalb seit langem, nicht nur den Wasserverbrauch insgesamt zu reduzieren, sondern Regenwasser auch im Haushalt einzusetzen. Das ist überall dort möglich, wo keine Trinkwasserqualität notwendig ist, also beispielsweise bei der Bewässerung des Gartens oder für den Betrieb von Wasch- und Spülmaschine.

Nach Berechnungen des hessischen Umweltministeriums könnte der durchschnittliche tägliche Trinkwasserverbrauch mit Hilfe einer modernen Regenwassernutzungsanlage auf rund 60 Liter pro Person reduziert werden. Bei solchen Anlagen fliest das Wasser über die Dachflächen und Dachrinnen in eine –in der Regel – unterirdische Zisterne, wo es gesammelt und durch Filter gereinigt wird. Über eine Pumpe wird das Wasser dann in den Kreislauf eingespeist. Entscheidend ist dabei, dass das Regenwasser nicht in den „normalen“ Trinkwasserkreislauf fliest, sondern einem getrennten „Betriebswasserkreislauf“ zugeführt wird. So soll vermieden werden, dass das Regenwasser als Trinkwasser benutzt wird, auch wenn aktuelle Studien immer wieder darauf hinweisen, dass gefiltertes Regenwasser eine sehr gute Qualität hat. Die Kosten für eine Standardanlage in Einfamilienhäusern werden von Experten auf 4.000 bis 5.000 Euro geschätzt. Angesichts steigender Trinkwasser- und Abwassergebühren rechnet sich die Investition nach zehn bis 20 Jahren.

Doch was in der Theorie einfach und plausibel klingt, ist in der Praxis oft schwieriger. Zwar ist der Einbau einer Regenwassernutzungsanlage genehmigungsfrei, doch bei der Berechnung der Abwassergebühren durch die Kommunen wird die Regenwassernutzung vielfach immer noch nicht ausreichend belohnt. Umweltschützer fordern deshalb, dass die von den Kommunen veranschlagte Abwassergebühr auch die von einem Haushalt aufgefangene und genutzte Regenwassermenge berücksichtigt: „Der BUND in NRW setzt sich seit Jahren für die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr ein“, erklärt Willi Hennebrüder vom Landesarbeitskreis Wasser des BUND. Bei der gesplitteten Abwassergebühr wird nicht nur die tatsächlich verbrauchte Trinkwassermenge für die Gebührenberechnung zu Grunde gelegt, sondern auch die versiegelte Fläche eines Grundstücks. Damit soll für Bürger und Unternehmen ein Anreiz geschaffen werden, weniger Fläche baulich zu versiegeln und statt dessen das Regenwasser ökologisch sinnvoll zu nutzen.

In NRW haben mittlerweile rund 50 Prozent der Kommunen eine gesplittete Abwassergebühr eingeführt. Hennebrüder: „Der Trend geht in die richtige Richtung.“