Dicke Luft in Nordrhein-Westfalen

Seit dem 1. Januar ist die neue Feinstaubrichtlinie der EU in Kraft. Um die Richtwerte einzuhalten, fordern Umweltschützer den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs: „Die Verantwortung liegt bei den Städten und Kommunalparlamenten.“

VON ULLA JASPER

Die seit dem 1. Januar dieses Jahr geltenden Feinstaubgrenzwerte der Europäischen Luftqualitätsrahmenrichtlinie stellen viele nordrhein-westfälische Kommunen vor Probleme. Gerade in den Metropolen des Landes übersteigen die gemessenen Luftschadstoffe die Grenzwerte zum Teil erheblich.

Für die Bevölkerung bedeutet dies ein erhöhtes Risiko, an Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Problemen zu erkranken. Der Hintergrund: So genannte ultrafeine Abgaspartikel, die durch Industrie und Kraftverkehr emittiert werden. Ihre Größe beträgt weniger als 10 Mikrometer. Feinstaubpartikel, die kleiner sind als 2,5 Mikrometer, können leicht in Lunge und Bronchien eindringen. Wie die Partikel medizinisch wirken und auf welche Weise sie Krankheiten auslösen, ist zwar bisher nicht zweifelsfrei geklärt. Fest steht jedoch, dass hohe Feinstaubkonzentrationen krank machen und die Sterblichkeit in den betroffenen Regionen erhöhen.

Während man in den 90er Jahren noch annahm, das Problem sei durch bessere Filteranlagen und weniger Schmutz aus Kraftwerken sowie industriellen und privaten Heizkraftanlagen in den Griff zu bekommen, muss man heute einräumen, dass insbesondere der stetig steigende Straßenverkehr die Hauptquelle der Luftverschmutzung ist. „Untersuchungen zeigen, dass die Zahl der Todesfälle, die rechnerisch auf die Feinstaubbelastung zurückgeführt werden können, die Todesfälle durch Verkehrsunfälle mittlerweile übersteigt“, erklärt Nordrhein-Westfalens Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne).

Die Europäische Union hat deshalb in den letzten Jahren mehrfach die Grenzwerte für den Schadstoffausstoß bei Autos gesenkt. Mit Einführung der ersten Partikelgrenze für Pkw im Jahr 1992 (Euro 1-Norm) wurde der zulässige Höchstwert auf 180 Milligramm pro Kilometer gesenkt. Am 1. Januar trat nun die vierte Stufe der Abgasnorm in Kraft. Sie legt den Höchstwert auf 25 Mikrogramm festgesetzt. Lange Zeit hat jedoch die deutsche Auto-Lobby diese Umweltschutzvorgaben ignoriert, anstatt mit fahrzeugtechnischen Veränderungen den Schadstoffausstoß zu minimieren. Erst ab 2008 wird die deutsche Autoindustrie standardmäßig alle Diesel-Pkw mit einem Partikelfilter ausrüsten.

Deshalb ist fraglich, ob die erlaubten Höchstgrenzen für Feinstaub eingehalten werden können. Nach der neuen Feinstaubrichtlinie der EU darf die Belastung an 310 Tagen im Jahr 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Tagesmittel nicht überschreiten. Im Jahresmittel liegt die Grenze bei 49 Mikrogramm. Bereits am Neujahrsfeiertag, dem 1. Januar, wurden die Werte im Ruhrgebiet an mehreren Messstationen überschritten.

Forscher und Umweltaktivisten sind sich einig, dass die bisher verabschiedeten Maßnahmen nicht ausreichen, um langfristig für bessere Luft in den Städten zu sorgen. Zumal die Luftverschmutzung durch den Straßenverkehr zunimmt, weil immer mehr Menschen aus den Städten auf das Land ziehen und zur Arbeit pendeln. Gerhard Timm vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) fordert deshalb stärkere Anstrengungen der Politik, um die Luftverschmutzung langfristig zu reduzieren: Neben dem Ausbau innovativer Techniken wie dem Dieselrußfilter sowie sparsamerer Fahrzeuge müssten Straßenbahn- und Buslinien ergänzt werden. „Die Verantwortung dafür liegt bei den Städten und Kommunalparlamenten.“