Querelen an der Spitze

Aufsichtsratschef Clemens Börsig steht in der Kritik

FRANKFURT/MAIN taz | Wenn die Aktionäre auf der diesjährigen Hauptversammlung der Deutschen Bank erwartet hatten, dass sich der Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann mit seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Börsig wie in einer TV-Nachmittagsshow „fetzen“ würde, kam an diesem Dienstag in Frankfurt nicht auf seine Kosten. Der Aufsichtsrat stärkte Börsig sogar den Rücken. Alles wieder gut in der Chefetage der Deutschen Bank?

Insider bestreiten das. Sie glauben, dass Börsig dem Aufsichtsrat der Bank nicht mehr lange vorstehen wird und dass sich Ackermann bereits morgen von Börsig trennen könnte. Angefangen haben die Personalquerelen an der Spitze des Branchenprimus zum Jahreswechsel. Ackermann sagte damals, er wolle im Mai 2010 als Vorstandschef zurücktreten. Aufsichtsratschef Börsig wird heute nachgesagt, er selbst plante, neuer Vorstandsvorsitzender zu werden. Doch die großen institutionellen Anteilseigner der Bank und die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat lehnten es ab, Börsig zum Chef zu machen. Ihre Lösung: Ackermann solle bis Mai 2013 bleiben.

Auf der Hauptversammlung fiel immer wieder der Name Henning Kagermann, Vorstandschef bei SAP. Er könnte neuer Aufsichtsratschef werden und müsste sich dann gleich mit der internen Spitzelaffäre bei der Deutschen Bank beschäftigen. Es soll sich um „Verstöße der Abteilung Konzernsicherheit“ handeln. Kunden seien nicht betroffen, hieß es, aber die Deutsche Bank gehe nach ersten Untersuchungen von einer Bespitzelung weniger Mitarbeiter aus.

Ackermann erklärte jetzt die Affäre zur Chefsache und kündigte „Null Toleranz“ an. Die Bankenaufsicht hat indes mit einer Sonderprüfung der Vorgänge begonnen.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT