Schläfrig-souveräner Däne

Cooler König mit Diktiergerät: Axel Schneiders „Hamlet“-Inszenierung am Altonaer Theater wirkt effekthascherisch, distanziert und starr

von Christian Rubinstein

Hamlet mal puristisch? Warum nicht: Altonas Theaterintendant Axel Schneider lässt das viel gespielte Königsdrama auf leerer Bühne spielen. Der bloße Raum, durch Lichtkegel gestaltet, ist dabei eine durchaus angemessene Spielfläche für ein Drama, dessen Konflikt im Kopf entsteht. Fast ausschließlich auf die Wortgefechte der Protagonisten kam es daher bei der Hamlet-Premiere im Altonaer Theater an. Doch das Stück wirkte bei aller textlichen Konzentration wenig durchinszeniert.

Der Abend beginnt mit einer Metaebene: Hamlet-Darsteller Ulrich Bähnk liegt an der Bühnenrampe und hört per CD-Walkman die Troja-Sage. So auf Tragödie eingestimmt, wird er von Ophelia (Jessica Higgins) wachgeküsst und reiht sich bereitwillig mit ihr in die erste Szene ein. Das sieht nicht nach einem Hamlet aus, der sich in die Welt geworfen fühlt, eher nach gemütlicher Routine.

Regisseur Schneider hat die Erscheinung des Geistes des alten Königs gestrichen. Auch Hamlets Begegnung mit dem toten Vater geschieht vor dem inneren Auge des Prinzen, der die väterliche Botschaft gleich mitspricht. Schneider spart sich so ein paar Nebenrollen und konzentriert sich ganz auf Hamlet. Selbst dessen Freund Horatio (Andreas Böther) ist ein einsilbiger Musiker, der nicht wirklich als Gesprächspartner taugt.

So ist Hamlet auf sich allein gestellt und rechtet mit der Welt. Im langen schwarzen Mantel philosophiert er in der Bühnenecke, nimmt wichtige Sätze mit dem Diktiergerät auf und unterhält sich mit seiner inneren Stimme, die aus dem Off eingespielt wird. Sonderlich zerrissen wirkt er dabei allerdings nicht: Selbst im Angesicht von Verrat und nahem Tod wirkt er recht souverän.

Zudem leidet die Inszenierung stetig darunter, dass die Regiearbeit bei einigen Bühnenfiguren auf halber Strecke stehengeblieben zu sein scheint. Claudius (Benjamin Utzerath) zum Beispiel kommt als androgyner Blondschopf. Sein blasierter Sprachduktus ermüdet den Zuschauer mit der Zeit. Und wirkt Königin Gertrud (Cornelia Marx) zu Beginn noch so geheimnisvoll, dass man ihr zutraut, die eigentliche Machthaberin zu sein, bleibt auch sie letztlich farblos: Weder die Nachricht vom Tode Ophelias noch der Streit mit ihrem Sohn entlocken ihr große Emotionen.

Die bleiben Ophelia vorbehalten – aber ist ihre Entfremdung von Hamlet noch plausibel, nachdem die Beziehung als so heutig und erwachsen definiert wurde? Auch Polonius (Edgar Bessen) hat wenig Angst vor dem Techtelmechtel seiner Tochter mit dem Prinzen: Er macht ihr Vorwürfe im Plauderton.

Ein interessanter Kunstgriff ist es allerdings, das Stück im Stück, mit dem Hamlet seinen Stiefvater entlarvt, vom Königspaar selbst spielen zu lassen. So zwingt Hamlet mit seinem Textmanuskript den Mörder, die Wahrheit selbst auszusprechen. Doch leider setzt der Regisseur zu oft auf Effekthascherei. So wie bei dem Wasserglas, das Claudius seiner Frau ins Gesicht schüttet: Angesichts der Tatsache, dass an keiner anderen Stelle sichtbar wird, was das Königspaar zusammenhält, bleibt dieses Bild bloßer Effekt.

weitere Vorstellungen: 22.1., 20 Uhr sowie 23.1., 19 Uhr, Altonaer Theater