Schöne, teure Gladbachwelt

Borussia Mönchengladbach besiegt Arminia Bielefeld und hofft dank etlicher Neuzugänge auf eine sorgenfrei Zukunft. Der bislang starke Aufsteiger aus Ostwestfalen schaut derweil lieber nach unten

„Mit den neuen Spielern bin ich zufrieden“, erklärte Advocaat

AUS MÖNCHENGLADBACHDANIEL THEWELEIT

Wann Dick Advocaat glücklich ist, lässt sich nicht so ohne weiteres erkennen. Erleichtert wirkte er am Samstagnachmittag allenfalls in dem Augenblick, als Schiedsrichter Wagner die Partie abpfiff. Es stand 1:0 für Borussia Mönchengladbach gegen Arminia Bielefeld, und eigentlich hätte es allerhand Anlass gegeben, wenigstens für diesen Abend erfreut durch die Katakomben des Borussia-Parks zu stolzieren. War die ausgiebige Einkaufstour des Klubs doch anfangs mit großer Skepsis kommentiert worden, bevor sie später von der Frage überschattet wurde, ob der Klub sich nicht vielleicht panisch in eine Schuldensituation stürze. Die PR-Maschine lief an, die Finanzierung der Transfers ist solide und am Samstag glückte der Praxistest. Die allermeisten der 40.000 Zuschauer verließen den Borussia-Park in der festen Überzeugung, dass die sportliche Leitung in diesem Winter alles richtig gemacht hat.

Mit Torhüter Kasey Keller, Innenverteidiger Craig Moore und den Mittelfeldspielern Bernd Theijs sowie Jörg Böhme standen vier von sechs neuen Spielern in der Startelf und sie brachten genau das ein, was Advocaat im Kader der Hinrunde vermisst hatte: Robustheit, Unnachgiebigkeit und Kraft. „Mit den neuen Spielern bin ich zufrieden“, erklärte Advocaat mit steinerner Miene, „aber das wichtigste bleibt das Ergebnis“. Natürlich müsse man zukünftig „noch viel besser spielen“. Da hatte er Recht. Spielerisch hat der chirurgische Eingriff im Kader noch keine Früchte getragen, aber es ist wohl üblich, Geduld zu fordern, bis solch eine zusammen gewürfelte Ansammlung von Spielern, zu einer Einheit verschmilzt. Zumal neben den vier Neuzugängen auch noch die in dieser Saison kaum berücksichtigten Marcell Jansen und Milan Fukal in der Anfangsformation standen.

Die individuelle Klasse der Neuen war es, die am Ende den Ausschlag gab. Jörg Böhmes Standards sind für jede Mannschaft ein Gewinn, sein Eckball fand in der 52. Minute den Kopf von Craig Moore und von dort den Weg ins Tor. „Ich treffe nicht sehr oft“, meinte Moore, „ich kann nicht sagen, wann ich das letzte Tor geschossen haben, da muss ich im Internet nachschauen“, aber ohnehin sei es unerheblich, wer die Tore erziele, sagte der 29-jährige Australier, der von den Glasgow Rangers kam. Offenbar nimmt der Mann eigene Tore nicht besonders wichtig, seinen letzter Treffer erzielte er im März 2004.

Neben den Kunstfertigkeiten Einzelner, auch Oliver Neuville spielte wieder einmal großartig, war es die Defensive im neuen 4-3-3-System des holländischen Trainers, die sich solide zusammenfügte. „Inklusive der Vorbereitung haben wir nun fünf Spiele zu Null gespielt. Das gibt uns weiter Selbstvertrauen“, sagte Advocaat. Die zentrale Achse mit Torhüter Keller, der bei Rückpässen übernervös wirkte, wenn es ernst wurde aber stets zur Stelle war, mit Moore und mit Bernd Theijs, dem neuen Strategen im zentralen defensiven Mittelfeld, soll die Borussia künftig prägen. Die kreativen Qualitäten eines Marek Heinz täten diesem Team aber auch noch sehr gut, denn im Umgang mit Ball im engen Raum war das hoch aufgerüstete Team den Konzeptfußballern aus Bielefeld deutlich untelegen.

Bei Ballgewinn schwärmten die Ostwestfalen wie gewohnt blitzschnell aus, spielten saubere Pässe in hohem Tempo, nur vergab an diesem Nachmittag der in der Hinserie aus jedem Winkel treffende Delron Buckley auch beste Gelegenheiten. „Uns war von vorneherein klar, dass es in dieser Saison eine ganz enge Geschichte wird“, meinte Jungnationalspieler Patrick Owomoyela, das habe man heute „vor Augen geführt bekommen“. Der Mittelfeldspieler wird von diversen Klubs umworben und sagte nur, „das Thema muss so schnell wie möglich vom Tisch“. Als Trainer Uwe Rapolder das Wort ergriff, klang dann auch eine gehörige Portion Abstiegssorge hindurch: „Alle drei Aufsteiger haben in der Hinserie am Limit gespielt, man kann nicht glauben, dass das jetzt so weiter geht“.

Jetzt könnten andere dran sein mit einer reibungslosen Halbserie. Zum Beispiel die Borussia aus Mönchengladbach, die in diesem Winter apodiktisch demonstriert hat, was für ein unglaublicher finanzieller Wettbewerbsvorteil sich aus so einem neuen Stadion ergeben kann. Da können vermutlich der tollste Konzeptfußball und die größte Aufsteigereuphorie irgendwann nicht mehr gegenhalten.