Schwere Vorwürfe gegen Walter Bau

Der kriselnde Baukonzern soll Dumpingangebote unterbreitet und Rechnungen nicht bezahlt haben. Und so für Pleiten kleinerer Firmen mitverantwortlich sein. Aktuelle Bauprojekte sind durch die Krise aber offenbar nicht gefährdet

Der drohenden Pleite des angeschlagenen Baukonzerns Walter Bau sieht man in Berlin erstaunlich gelassen entgegen. Am Olympiastadion fehlten ohnehin nur noch ein paar kleine Umbauten, heißt es bei der Betreibergesellschaft. An der Baustelle zum Bahnhof Papestraße – dem neuen „Südkreuz“ Berlins – werde weiter gebaut, sagt die Bahn. Und wenn der Konzern den Bau der „Schlossgalerie“ – dem neuen Steglitzer Einkaufszentrum – nicht vollenden kann, wird es jemand anders tun, meint der Auftraggeber, die HFS Immobilienfonds GmbH.

Also alles egal? „Da Walter Bau vielfach als Generalunternehmer tätig ist, sind dennoch viele Betriebe, die als Subunternehmen arbeiten, betroffen“, betont jedoch Rainer Knerler, Bezirkschef der Gewerkschaft IG BAU. Vor allem kleinere Firmen, die meist nur über eine sehr dünne Kapitaldecke verfügen, seien darauf angewiesen, dass der Auftraggeber pünktlich zahlt. Offenbar ist Walter Bau in dieser Frage nicht eben Vorbild. „Wegen seiner schlechten Zahlungsmoral hat sich der Konzern in den vergangenen Jahren bei den Betrieben in und um Berlin keinen guten Ruf erworben“, so Knerler.

Der Geschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau in Berlin und Brandenburg geht noch weiter: „Walter Bau hat mittelständischen Firmen massiv geschadet“, sagt Burkhard Wenkel. Unter den 1.100 Mitgliedsbetrieben des regionalen Wirtschaftsverbandes gebe es kaum einen, der noch Geschäfte mit dem Konzern macht. Das liege an den Dumpingpreisen und der schlechten Zahlungsmoral. Diejenigen, die dennoch als Subunternehmer für Walter Bau arbeiteten, befänden sich jetzt in bedrohlicher Gefahr. Derzeit seien ihm fünf akute Fälle bekannt. Unter den nicht organisierten Firmen liege der Anteil wahrscheinlich höher.

Wenkel beklagt, dass vor allem Großunternehmen der Baubranche viel zu lange von den Banken gestützt würden. Am Ende seien immer mehr Auftragnehmer betroffen. „Einem Mittelständler hätten die Banken längst den Hahn abgedreht – und kein Mensch hätte aufgeschrien.“

Eckhard Schulte ist darum auch ein wenig verwundert, wieso man sich jetzt für seine Firma interessiert, da es sie nicht mehr gibt. Die SPR Trockenbau hat lange am Olympiastadion mitgewirkt – Trockenbau und Innenputz. Es sei immer das gleiche Spiel gewesen. „Bei der Abnahme wurden immer wieder Mängel behauptet und darum auch kein Geld gezahlt“, so Schulte. Unter der Hand habe man zugegeben, nicht zahlen zu können.

Die Forderungen häuften sich zu einer sechsstelligen Summe. Im vergangenen Spätsommer war Schluss. Insolvenz. „Walter Bau war nicht der einzige Grund“, gibt Schulte zu. „Aber der Hauptgrund.“ 80 Mitarbeiter musste er nach Hause schicken. Insgesamt seien 150 Arbeitsplätze vernichtet worden – denn auch seine Firma SPR hatte wiederum Subunternehmer beschäftigt, die ihrerseits in Turbulenzen gerieten.

Presseberichten zufolge sind mindestens zwei weitere Firmen durch Walter Bau in die Insolvenz geraten: die SKR Fußboden- und Rekonstruktionsbaugesellschaft, die im Olympiastadion Estrich verlegt hat, und die Hantel GmbH, die dort Lampen und Geländer saniert und ausgetauscht hat. Wegen angeblicher Mängel habe Walter Bau lediglich die Hälfte der Forderungen bezahlt. 500.000 Euro sei der Konzern seiner Firma schuldig geblieben, sagte Ex-Firmenchef Dietmar Hantel der Berliner Zeitung. Darum habe er Ware wieder demontiert und die Baustelle stillgelegt – genützt hat auch das nichts mehr. 2002 meldete Hantel Insolvenz an.

Walter Bau bestätigt zwar die Insolvenzen, bestreitet jedoch, daran Schuld zu tragen. Man habe kein Interesse daran, berechtigte Forderungen nicht zu erfüllen oder Auftragnehmer in den Konkurs zu treiben, so ein Sprecher. Insolvenzen würden den Baufortschritt gefährden, da Ersatzunternehmen gefunden werden müssten. Nicht zuletzt das dürfte wohl auch ein Problem sein, wenn der Konzern selbst in die Insolvenz ginge: Verzögerungen.

Das Geschäftsgebaren der Walter Bau stößt auch bei den Berliner Grünen auf Kritik. Preisdrückerei und schlechte Zahlungsmoral träfen kleine Unternehmen zuerst. „Besonders ärgerlich sind solche Verhaltensweisen, wenn sie bei öffentlich finanzierten Baumaßnahmen vorkommen“, sagte die baupolitische Sprecherin, Barbara Oesterheld. Der Fall Walter Bau zeige erneut, dass das Land Berlin nicht in der Lage sei „seine Kontrollfunktion als Bauherr zu erfüllen“.

Im Ringen um die Rettung des angeschlagenen Bau-Konzerns zeichnete sich auch gestern keine schnelle Lösung ab, berichteten die Nachrichtenagenturen am Abend. Zwar steuerten die Verhandlungen mit den Banken allmählich auf eine Einigung zu, hieß es. Aber es müsse noch viel Detailarbeit geleistet werden.

JAN ROSENKRANZ