Friedensbemühungen um Aceh

Die indonesische Regierung und Vertreter der Rebellen wollen noch in dieser Woche Verhandlungen in Helsinki aufnehmen. Jakarta lehnt die Forderung nach Unabhängigkeit der Provinz nach wie vor ab

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Indonesiens Regierung und die Rebellen der „Bewegung Freies Aceh“, kurz GAM, wollen die im Mai 2003 gescheiterten Friedensgespräche offenbar neu beleben. Knapp vier Wochen nach der Flutkatastrophe haben beide Seiten voraussichtlich für Donnerstag eine erste Verhandlungsrunde angesetzt. Diese soll in Helsinki stattfinden, hieß es gestern laut einer nicht näher identifizierten Quelle in Jakarta.

Infolge dessen erklärten die indonesischen Streitkräfte, sie hätten ihre Offensiven gegen die GAM eingestellt. „Wir greifen keine Stützpunkte der Rebellen mehr an“, sagte Armeechef Endriartono Sutarto gestern in der Provinzhauptstadt Banda Aceh. Doch der Stabschef der Armee, General Ryamizard Ryacudu, hatte sich zuvor noch damit gebrüstet, dass seit der Flutwelle etwa 208 GAM-Mitglieder vom Militär getötet worden seien. Indonesiens Regierung strebt zwar eine dauerhafte Lösung an. Ob sie aber ihr Ziel erreichen wird, ist äußerst strittig. Schließlich sahen alle bislang offiziell geäußerten Planspiele lediglich eine Autonomie der Unruheprovinz vor. Der Status der Unabhängigkeit, für den die GAM seit mehr als 28 Jahren kämpft, scheint für Jakarta weiterhin tabu zu sein.

Wann immer Indonesiens Regierung in der Vergangenheit separatistische Bestrebungen im Inselreich witterte, griff das Militär mit harter Hand durch: Nach dem UN-Unabhängigkeitsreferendum in Osttimor 1999 hatten proindonesische Milizen das Land verwüstet. Und doch hatte die mutige Entscheidung der Osttimoresen letztendlich zur Loslösung von Indonesien geführt. Dass Jakarta von seiner Position nicht abrücken würde, machte gestern Indonesiens Armeechef Sutarto deutlich: Bei den Friedensgesprächen mit der GAM könne über alles geredet werden, außer über die Unabhängigkeit von Aceh.

Die Hoffnungen, dass die Tsunami-Katastrophe den politischen Konflikt entschärfen könnte, erwiesen sich zunächst als Trug: Zwar hatten sich beide Konfliktparteien kurz nach der Flutkatastrophe auf eine Feuerpause verständigt. Doch Indonesiens Militär setzte die Operationen gegen die GAM fort. Schließlich boten die Rebellen der Regierung einen formalen Waffenstillstand an, den Außenminister Hassan Wirajuda als „Silberstreif am Horizont“ wertete. Es sei jedoch ein „Problem“ für die GAM, bilanzierte der im schwedischen Exil lebende Rebellenchef Malik Mahmud kürzlich gegenüber der taz, „dass die Regierung etwas anderes sagt, als das Militär nachher in Aceh macht“.

Ob die Rebellen sich auf politische Forderungen der Gegenseite einlassen, ist zweifelhaft. Die völlig zersplitterte Organisation mochte sich schon im Dezember 2002 nicht mit dem Autonomiestatus zufrieden geben. Trotzdem unterschrieben GAM-Vertreter gemeinsam mit Indonesiens Regierung einen entsprechenden Friedensvertrag in Genf. Doch der vom Henri-Dunant-Zentrum mühselig initiierte Frieden bröckelte bereits nach vier Monaten.

Kritiker warfen den Hardlinern beider Seiten vor, niemals wirkliches Interesse an der Entmilitarisierung Acehs gehabt zu haben. „Aceh wird eine Kriegszone bleiben“, resümierte damals ein Experte der „Asia Foundation“ in San Francisco.