Der Chauffeur, der aus der Dunkelheit kommt

Einen heben und trotzdem mit dem eigenen Auto nach Hause. Das Unternehmen „Taxiboy“ bietet in Köln und Umgebung einen flexiblen Chauffeurservice an. Der Fahrer reist mit dem Klappmoped an und auch wieder ab

Köln taz ■ Samstag Nacht im Kölner Süden. Es ist ziemlich kalt. Harald Philippi zurrt den Reißverschluss seines schwarzen Motorradoveralls bis zum Hals, zieht den Helm mit dem schwarz-gelben Aufkleber „Taxiboy“ über den Kopf und steigt auf das hüfthohe, ebenfalls schwarz-gelbe Klappmoped. Sein Auftrag: Er soll ein Ehepaar von einem Landgasthof abholen und beide in ihrem Renault Twingo nach Hause bringen. Er gibt Gas, das Gerät heult kurz auf, dann ist er im Verkehr verschwunden.

Philippi arbeitet für das Krefelder Unternehmen „Taxiboy“. Die Idee dahinter ist simpel: ein Chauffeurservice, der die Kunden im eigenen Auto nach Hause fährt und der billiger ist als ein Taxi. David Rolef ist der Mann, der auf die Idee gekommen ist. Als der 25-jährige die kleine Firma Taxiboy im Herbst 2003 gründete, erreichte die Zahl der Unternehmenspleiten in Deutschland gerade einen Rekordstand. Mehr als 100.000 Betriebe mussten in jenem Jahr Insolvenz anmelden.

Trotzdem wollte Rolef seine Idee umsetzen, mitten in der Wirtschaftskrise. Freunde hätten ihn damals gefragt, ob er größenwahnsinnig sei, sagt Rolef. Er habe geantwortet, er sei einfach realistisch. Anfangs hat er noch Freunde und Bekannte gebeten, für ihn aufs Klappmoped zu steigen. Das Startkapital kam von Privatleuten.

Heute beschäftigt Rolef allein in der Krefelder Unternehmenszentrale 14 Mitarbeiter, dazu kommen Fahrer in ganz Nordrhein-Westfalen. Bis zum Ende dieses Jahres will er in allen deutschen Großstädten mit den schwarz-gelben Taxiboys präsent sein.

Harald Philippi ist inzwischen mit seinem Klappmoped (Höchstgeschwindigkeit: 45 km/h) am Ziel angekommen: ein nobles Gasthaus im Bergischen. Das Ehepaar lässt noch auf sich warten, also bestellt er sich eine Tasse Kaffee. Philippi lässt den warmen Motorradanzug während des Kaffees bis oben zugeknöpft. Seit drei Monaten fahre er im Kölner Raum für Taxiboy, erzählt der 43-jährige. Zur Zeit kann der gelernte EDV-Kaufmann zwar noch nicht von dem Fahrerjob leben. Das Geschäft werde aber besser laufen, „wenn die Leute wieder Geld haben“ und Taxiboy vermehrt in Anspruch nähmen. Eine Fahrt mit Harald Philippi ist billiger als das Taxi: Der Kilometer kostet bei ihm 1,40 Euro, plus 2,30 Euro für die Anreise. Anders als ein Taxifahrer berechnet er die Standzeit während der Fahrt nicht.

Nach einer halben Stunde erscheint das Ehepaar. Der Gatte hat schon mehrere Gläser Sekt getrunken, sie will nachts nicht fahren. Deshalb soll Harald Philippi sich ins Auto setzen. Er führt die beiden auf den Parkplatz zum Moped, macht daran zwei Schrauben los, schiebt es zusammen. Das Gefährt ist jetzt so groß wie ein Dreirad, kommt in einen Sack und schließlich in den engen Kofferraum des Autos. Die Eheleute staunen erwartungsgemäß, Philippi schaut in die Runde. „Ist ganz schön praktisch, dieses Ding, was?“ Dann setzt er sich ans Steuer, das Ehepaar verteilt sich auf Beifahrersitz und Rückbank und fährt zufrieden zurück in Richtung Köln. Christoph Scheuermann