Spuckt eure Gene aus

Lex Moshammer: Hamburger Senat beschließt Bundesratsinitiative zur Ausweitung von DNA-Analysen für eine effektivere Strafverfolgung

„Wir wollen Menschen nicht ausspähen, sondern vor Straftaten schützen“

Von Marco Carini

Der Tote passt in den Zeitplan. Gut eine Woche, nachdem der Münchner Modemacher Rudolph Moshammer ermordet und sein Mörder aufgrund einer DNA-Analyse gefasst wurde, nutzt die Hamburger Landesregierung die Gunst der Stunde. Gestern beschloss der Senat, eine Bundesratsinitiative zur Ausweitung des genetischen Fingerabdrucks für Strafverfolgungszwecke auf den Weg zu bringen. In Zukunft soll danach in jedem Fall, in dem von einem Verdächtigen ein Fingerabdruck genommen werden kann, auch eine Blut- oder Speichelprobe entnommen werden. Die darin enthaltenen genetischen Informationen sollen gespeichert werden dürfen.

Der Gesetzentwurf, der schon vor dem Moshammer-Mord in der Schublade schlummerte, wurde von Roger Kuschs (CDU) Justizbehörde gemeinsam mit den hessischen Amtskollegen entwickelt. Bayern hat bereits seine Unterstützung zugesagt, nach weiteren Bündnisbundesländern wird gefahndet. Da nicht absehbar ist, ob und in welchem Zeitraum es Hamburg und Hessen gelingt, eine Bundesratsmehrheit zusammenzuschweißen, ist der Termin für eine Einbringung der Lex Moshammer in die Berliner Länderkammer noch unklar.

Dass die Erhebung des genetischen Fingerabdrucks „bislang nur in engen Grenzen möglich“ sei, behindert nach Auffassung des Senats „eine effektive Strafverfolgung“. Was heute nur bei sehr schweren Straftaten wie Mord, Vergewaltigung oder Raub möglich ist, soll künftig auf Bagatelldelikte ausgeweitet werden. DNA-Proben sollen nach dem Gesetzentwurf auch ohne richterliche Anordnung bei jeder erkennungsdienstlichen Behandlung genommen werden – etwa bei Ingewahrsamnahmen auf Demonstrationen.

Nur wenn der Verdächtige die Entnahme von Blut oder Speichel verweigert, bedarf es der Zustimmung eines Richters. Dabei legt die Justizbehörde Wert auf die Feststellung, dass der Abgleich zwischen gespeicherten DNA-Daten und an einem Tatort gefundenen Spuren an Teilen des Genmaterials vorgenommen werde, dass keine konkreten Erbinformationen enthalte.

„Wir wollen die Menschen nicht ausspähen, sondern vor Straftaten schützen“, versucht Kusch dem Argument vorzubeugen, sein Gesetzentwurf trete das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit Füßen.

Auch die Hamburger SPD fordert – im Schulterschluss mit dem CDU-Senat – „eine Ausweitung des genetischen Fingerabdrucks bis an die Grenzen des rechtlich Möglichen“. Die GAL sieht hingegen durch die Gesetzesvorlage die „notwendige Balance zwischen dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und dem Recht jeder Person an ihren genetischen Daten“ empfindlich gestört. Ihr rechtspolitischer Sprecher Till Steffen weist zudem darauf hin, dass Hamburg schon mit der Verarbeitung von DNA-Spuren, die auf Basis der jetzigen rechtlichen Bestimmungen gesammelt wurden, hoffnungslos überfordert sei.

So lägen der Hamburger Polizei 7.000 DNA-Muster vor, deren Erfassung aufgrund Personalmangels bislang nicht abgeschlossen werden konnte. Der grüne Abgeordnete fragt sich deshalb, was „eine Erweiterung bringen“ soll, „wenn Hamburg dann eh nicht mit der Bearbeitung hinterherkommt.“