Kostenlos bis zur Wahl

Bis der Koalitionsvertrag 2006 ausläuft, müssen Berliner Studenten wohl nicht zahlen. Dann wird neu verhandelt

In Berlin bleibt unabhängig vom Karlsruher Urteil das Studieren bis 2006 kostenfrei – beteuern unisono die wissenschaftspolitischen Sprecher der rot-roten Koalition. So stehe es im Koalitionsvertrag. Aber spätestens nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus werden – ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorausgesetzt – die Karten in der Hauptstadt neu gemischt.

Die CDU-Fraktion befürwortet eine Gebühreneinführung von 500 Euro pro Semester nach dem Grundstudium unter der Voraussetzung, dass das Geld auch bei den Unis ankommen. Monika Grütters, Sprecherin für Wissenschaft: „Unter keinen Umständen darf die Einnahme zur Deckung von Haushaltslücken verwendet werden.“ Laut Grütters gibt es Überlegungen, die Gebühren wahlweise parallel zum Studium oder erst danach zu erheben. Jetzt sei die Politik gefordert, zukunftsfähige Modelle zu entwickeln. Auch die FDP will Studiengebühren in ähnlicher Dimension einführen.

SPD, PDS und Grüne wollen hingegen bis 2006 abwarten und die Entwicklungen in den anderen Bundesländern beobachten. Dann müssten die Landesparteien die Richtungen vorgeben. „Die Diskussion ist aber auf alle Fälle da“, so Bert Flemming, der SPD-Wissenschaftsexperte. Die Sozialdemokraten hatten sich im vergangenen Jahr für ein Studienkontenmodell ausgesprochen, das zwar die Zustimmung von Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) fand, aber nach Protesten an dessen Parteibasis scheiterte. Zurzeit sieht Benjamin Hoff, wissenschaftspolitischer Sprecher der PDS, keinen Entscheidungsbedarf. Gehandelt werde müsse erst, wenn sich Probleme durch aus Kostengründen nach Berlin strömende Studenten ergäben. Lisa Paus, hochschulpolitische Sprecherin der Grünen: „Die Studiengebühr ist eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Bildung muss für alle möglich sein.“

Und wie sieht Berlins Unilandschaft in zehn Jahren aus? „Es werden verstärkt fachliche Qualifikationen abgefragt“, so Flemming. Aus PDS-Sicht gibt es 2015 einen gemeinsamen Strukturplan Berlin-Brandenburg für die Unis. Die Grünen verweisen auf die geburtenschwachen Jahrgänge, sodass sich die Unis dann um ihre Studenten bemühen müssten. Für die CDU hat sich die Unilandschaft bis dahin grundlegend geändert. Grütters: „Bis dahin wird es überall Gebühren auch für Erstsemester geben.“ Gleichzeitig werde es eine vielfältigere, vom Staat unabhängigere Unilandschaft geben. SONJA FRANK