Hier hört die Polizei

Senat will künftig über Telefonüberwachung berichten. FDP spricht von 55.000 Betroffenen

Der Senat wird dem Abgeordnetenhaus in Zukunft einmal im Jahr über die durchgeführten Telefonüberwachungen berichten. Bereits vor zwei Jahren hatte sich die Berliner FDP-Fraktion als Gralshüter der Bürgerrechte hervorgetan und einen entsprechenden Antrag auf den Tisch gelegt. Nach dem gestrigen Beschluss der Landesregierung wird die Staatsanwaltschaft ab sofort die erforderlichen Daten erheben. Erfasst werden dabei unter anderem die Zahl der überwachten Anschlüsse sowie die Anzahl der Betroffenen und die Angabe der verfolgten Straftaten.

Damit leiste der Senat einen wichtigen Beitrag zur Kontrolle und Bewertung der Telefonüberwachung, sagte Justizsenatorin Karin Schubert (SPD). Bundesweit wachse die Zahl der Überwachungen und die der Betroffenen seit Jahren.

„Noch gibt es keine verlässlichen Zahlen, wie viele Berliner tatsächlich abgehört werden“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Alexander Ritzmann. Er rechne jetzt damit, dass vermutlich Anfang 2006 die ersten Daten der Staatsanwaltschaft vorliegen. Nach Angaben der FDP-Fraktion stieg die Zahl der Abhör-Verfahren von 76 im Jahr 1996 auf 205 im Jahr 2003. Die Anzahl der abgehörten Anschlüsse stieg im selben Zeitraum von 160 auf 584. Die FDP beruft sich dabei auf den „Grundrechte-Report 2003“ der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union.

„Pro abgehörten Anschluss werden im Durchschnitt 100 Teilnehmer überwacht. Hochgerechnet ergibt das für das Jahr 2003 rund 55.000 Betroffene in Berlin“, sagte Ritzmann. Weniger als 30 Prozent der Abgehörten würden nach Abschluss der Überwachung informiert, obwohl dazu eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Die meisten Überwachungen werden in Berlin wegen des Verdachts auf Drogenhandel angeordnet.

PHILIPP DUDEK