Quarantäne nur „letztes Mittel“

HIV-Positiver klagte vor Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte erfolgreich gegen Zwangseinweisung durch schwedische Behörden. 12.000 Euro Schadensgeld

FREIBURG taz ■ Aids-Infizierte dürfen nur „als letztes Mittel“ zwangsweise in einem Krankenhaus festgehalten werden. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Geklagt hatte der 57-jähirge schwedische Homosexuelle Eie E.

E. weiß seit 1994, dass er HIV-positiv ist. Schwedische Behörden gaben ihm auf, keinen ungeschützten Sex mehr zu haben, Sexualpartner und Ärzte über die Infizierung zu informieren und regelmäßig das Gesundheitsamt zu besuchen. Als er mehrere Behördentermine schwänzte, wurde er 1995 zwangsweise in ein Krankenhaus zur Quarantäne eingewiesen, von wo er aber bis 1999 viermal flüchtete. Schwedische Gerichte hielten die Maßnahme für angebracht, da E. alkoholabhängig sei und psychische Probleme habe. Es bestehe, das Risiko, dass er das HI-Virus auf andere Menschen übertrage.

Der angerufene EGMR hat Schweden jetzt zur Zahlung von 12.000 Euro Schadensersatz verurteilt. Das Gericht sah eine Verletzung des „Rechts auf Freiheit“.

Eingriffe zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten seien zwar möglich, aber nur als „letztes Mittel“. Im Fall E. sah das Gericht die Quarantäne nicht als notwendig an, weil E. auf seiner mehrjährigen Flucht wohl auch niemand infiziert hatte.

Nach schwedischen Angaben wurden zwischen 1989 und 1998 insgesamt 65 Personen zwangsweise in Quarantäne genommen. Auch in Deutschland gibt es im Infektionsschutzgesetz rechtliche Möglichkeiten, Kranke zwangsweise in Quarantäne zu nehmen. CHRISTIAN RATH