Der Export hat seine Schuldigkeit getan

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement erwartet im Jahresdurchschnitt nur noch ein Wachstum von 1,6 Prozent, ist damit aber immer noch sehr optimistisch. Seine Prognose: Die Binnennachfrage löst den Export als Konjunkturmotor ab

AUS BERLIN BEATE WILLMS

Der aktuelle Ifo-Index kam Wolfgang Clement (SPD) gestern wie gerufen. Ohne dessen überraschend positives Bild von der derzeitigen Stimmung in der deutschen Unternehmenslandschaft wäre der Bundeswirtschaftsminister bei der Vorstellung – und Verteidigung – seines Jahreswirtschaftsberichts 2005 womöglich eher in Erklärungsnöte gekommen. Schließlich liegt der notorische Optimist mit seiner Erwartung, dass die Wirtschaft in Deutschland 2005 um 1,6 Prozent wachsen wird, im oberen Bereich der Prognosen – die allerdings in diesem Jahr weit auseinander liegen: Die Spanne reicht von 0,8 bis 1,8 Prozent.

Konkret zeigten sich die 7.000 befragten Unternehmen im Ifo-Geschäftsklimaindex für den Monat Januar so hoffnungsfroh wie zuletzt im vergangenen April. Er stieg von 96,2 auf 96,4 Zähler, Analysten hatten an einen Rückgang geglaubt. Selbst der als Standortnörgler bekannte Ifo-Chef Hans-Werner Sinn sagte, die Zahlen sprächen „für eine Fortsetzung des Aufschwungs“.

Clement, der die Schützenhilfe aus München ausführlich zitierte, gründet seine Hoffnung vor allem auf die Inlandskonjunktur. Er zeigte sich überzeugt, dass die Binnennachfrage den Export als treibende Kraft ablösen könne. Dabei verwies er auf die hohen Gewinnerwartungen der deutschen Unternehmen: „Das muss und wird sich in den Investitionen auswirken.“ Dem Bericht zufolge erwartet er bei den Ausrüstungsinvestitionen ein Plus von 5,5 Prozent, der private Konsum soll dank der letzten Stufe der Steuerreform um 0,7 Prozent wachsen. Ganz nebenbei nahm Clement aber auch die Europäische Zentralbank in die Pflicht: Auch die Geldpolitik müsse dazu beitragen, die Konjunkturbelebung zu unterstützen, sagte er – ohne sich jedoch festlegen zu wollen, ob das durch Zinssenkungen passieren solle oder durch Maßnahmen zur Absenkung des Eurokurses.

Auch für den Arbeitsmarkt meldet der Bericht „Besserung in Sicht“, bei den konkreten Zahlen geriet Clement jedoch ins Trudeln – zum Teil aus gutem Grund: Niemand kann bislang die statistischen Effekte der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe quantifizieren. Losgelöst davon erwartet der Minister jedoch, dass im Jahresdurchschnitt 50.000 Menschen mehr arbeitslos sind als 2004, im Jahresverlauf soll die Zahl der Arbeitslosen jedoch um 200.000 sinken.