Kein Platz für Kids

Unter dreijährige Kinder haben kaum eine Chance auf Frühförderung. Ein „Skandal“, schimpft die Kirche

Bremen taz ■ Bremer Eltern, die ein Kind im Alter von unter drei Jahren haben, können sich kaum Hoffnung auf einen Platz in einer Krabbelgruppe machen. Die evangelische Kirche hat für das kommende Kindergartenjahr nur 20 Krippenplätze – aber 182 Anmeldungen. In anderen bremischen Einrichtungen sieht es nicht anders aus. Das Sozialressort gibt zu: Nur sieben Prozent aller Kids unter drei Jahren können betreut werden.

Bremen sei ein „Entwicklungsland“ in Sachen Frühförderung, kritisiert Ilse Wehrmann vom Landesverband evangelischer Kinder-Tageseinrichtungen – ein „Skandal“. Schließlich könne im bundesweiten Durchschnitt schon etwa jedes fünfte Kleinkind in einer Krabbelgruppe betreut werden, so Wehrmann. Eltern, die leer ausgingen, müssten oftmals ihren Beruf aufgeben, gibt Wehrmann zu Bedenken – weil ansonsten niemand für ihr Kind da sei.

Dass es in Bremen ein deutliches Betreuungsdefizit bei den Jüngsten gibt, streitet auch die Sozialbehörde nicht ab. 1.400 Krippenplätze für ganz Bremen seien „zu wenig“, gestand Sprecherin Heidrun Ide ein. Für das kommende Kindergartenjahr stünden allerdings keine weiteren Gelder zum Ausbau der Krabbelgruppen zur Verfügung – obwohl kein anderes Bundesland so wenig Geld in die Kinderbetreuung investiert wie Bremen. Nur 2,1 Prozent aller Staatsausgaben sind hierfür vorgesehen, besagt eine Statistik der Süddeutschen Zeitung. In Berlin, Brandenburg oder Rheinland-Pfalz ist der vergleichbare Anteil am Gesamtetat mehr als doppelt so hoch bemessen. Dennoch, betont Ide, liege Bremen im Vergleich zu anderen Großstädten „in einem guten Schnitt“.

Im soeben erschienenen „Familienatlas 2005“ liest sich das ganz anders: In der Studie, die die Prognos AG für das Bundesfamilienministerium erarbeitet hat, gilt Bremen als „westdeutsche Problemzone“ – gemeinsam mit 21 anderen westdeutschen Städten, die überwiegend im Ruhrgebiet liegen. Die Familienfreundlichkeit sei „stark verbesserungswürdig“, die Frauenerwerbsquote „unterdurchschnittlich“. Kein Wunder, denn jede dieser Städte bekam ein schlechtes Zeugnis bei der Kinderbetreuung ausgestellt. Die Familien, bilanziert die Studie, seien in Bremen „schlicht vergessen worden“. mnz