Nazis? Bleiben Sie cool!

Immer häufiger verwenden Neonazis „linke“ Parolen. So auch bei der heutigen Demo in Leverkusen. Wie erkennt man, welche Ideologie hinter den Symbolen steckt? Eine Gebrauchsanweisung

von Christiane Martin
und Sebastian Sedlmayr

Heute in Leverkusen werden Neonazis und Gegendemonstranten zweifellos streng getrennt marschieren. Doch das „linke“ Motto der Rechtsextremen könnten wahrscheinlich auch die Gegner unterschreiben: „Gegen staatliche Repression und Intoleranz“. Dabei besteht die totalitäre Ideologie, die Neonazis verbreiten, eben aus Repression gegen Andersdenkende und anders Aussehende, also aus purer Intoleranz.

Immer öfter suchen Neonazis die Nähe zum politischen Feind. Selbst von linken Gruppen angemeldete Demonstrationen sind nicht mehr vor Unterwanderung durch rechte Kader sicher. „Wir beobachten das bundesweit seit anderthalb Jahren“, sagt Ulli Jentsch vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz), der sich mit der Verwendung linker Symbolik und Parolen durch rechte Gruppierungen beschäftigt.

Wir stellen fünf Möglichkeiten vor, den Rechten die „linke“ Agitation für ihre Menschen verachtende Ideologie zu vermiesen:

1. Lassen Sie sich nicht von Äußerlichkeiten ablenken!

Neonazis, die eine Demo unterwandern wollen, kleiden sich unauffällig. Die klassische Bomberjacke und die Springerstiefel bleiben immer häufiger im Schrank. Manche Neonazis kommen sogar mit Kapuzen-Shirt und Palästinensertuch und sind von Antifaschisten nicht zu unterscheiden. Bisweilen kopieren Nazis die Symbole ihrer Gegner. So taucht die Faust der kommunistischen Arbeiterrevolution auch bei ihnen auf.

2. Achten Sie auf Flugblätter!

Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie einen Nazi vor sich haben, sprechen Sie die Person an und beginnen Sie eine politische Diskussion. Unter der harmlosen Verkleidung entdecken Sie im Ernstfall schnell den Neonazi, denn er verleugnet selten seine auf „Volk“ und „Heimat“ gegründete Ideologie. Häufig verraten sich die Rechten auch durch das Vokabular auf ihren Flugblättern. Apabiz-Mitarbeiter Jentsch: „Auf Begriffe wie ‚Volk‘ oder ‚Vaterland‘ verzichten sie ungern.“

3. Werden Sie laut!

Bei einer der ersten Kölner Montagsdemos im vergangenen Sommer schlichen sich Neonazis in den Zug. „Dass es Rechte sind, haben wir erst gemerkt, als sie Flugblätter verteilten, auf denen irgendwas von „Arbeit für Deutsche“ stand“, erzählt Philipp Jacks, Mitglied bei Attac Köln. Die ersten zaghaften „Nazis raus“-Rufe Einzelner hätten die Rechten kaum beeindruckt, berichtet Jacks. Doch dann habe sich die Nachricht von den braunen Mitläufern schnell verbreitet. Die Rufe seien lauter geworden und hätten die Gruppe vertrieben.

4. Seien Sie vorsichtig mit den eigenen Parolen!

Die Abgrenzung von rassistischen, diskriminierenden und völkischen Inhalten sollte präzise und konsequent sein. „Die Linken sind unvorsichtig in ihrer Wortwahl“, sagt Jentsch und führt als Beispiel den Slogan „Nationalisierung statt Globalisierung“ einer linken Demonstration an. „Der Kampf gegen die Globalisierung ist der gemeinsame Nenner, den die Rechten ausnutzen, um bei den Linken mitzulaufen“, stellt Jentsch fest.

5. Bleiben Sie cool!

Nationalchauvinistischer und rassistischer Hetze ist nur mit Geduld und Inhalten beizukommen. Lassen Sie keine Verallgemeinerungen zu, verteidigen Sie demokratische Werte. Wenn mal eine Forderung deckungsgleich sein sollte, geht die Welt davon nicht unter. Sollten die Neonazis Ihnen Recht geben, wenn Sie auf die Gleichberechtigung von Migranten, Homosexuellen und anderer Minderheiten pochen – umso besser. Vielleicht ist bei einigen ja noch nicht jegliche Hoffnung verloren.

Die Leverkusener Neonazi-Demo beginnt heute um 11 Uhr in der Heinrich-von-Stephan-Straße, die Gegendemonstration unter dem Motto „Null Toleranz für Nazis – Naziaufmarsch verhindern!“ um 9 Uhr 30 auf dem Rathausvorplatz.