leserinnenbriefe
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■ betr.: „Sparen ist keine Lösung“, taz vom 16. 5. 09

Verschulden ist auch keine Lösung

Richtig ist: Eine Volkswirtschaft kann nicht sparen. Alle Einkommen müssen auch wieder ausgegeben werden, wenn alle ihre Arbeit behalten wollen. Falsch ist, die Einkommen, die gehortet werden, durch Kreditaufnahme zu ersetzen: 1. Weil wir im nächsten Wirtschaftsjahr vor dem gleichen Problem stehen werden, wächst der Schuldenberg von Jahr zu Jahr. 2. Weil die Zinsen für diese Kredite genau denen zufließen, die das Geld horten, wird das Problem im nächsten Wirtschaftsjahr noch größer. 3. Weil das Geldvolumen, das nachfragewirksam werden kann, von Jahr zu Jahr wächst, bereiten wir mit dieser Wirtschaftspolitik eine Entwertung der Geldvermögen vor.

Weil die öffentliche Hand kein Einkommen erzielt, muss sie sich ihren Finanzbedarf von den Einkommensbeziehern in Form von Steuern holen. Und je später das erfolgt, umso überproportional größer werden die Probleme. Sparen ist der Wunsch, Leistungen in der Zukunft kaufen zu können. Das ist aber für eine Volkswirtschaft als Ganzes nur möglich, wenn sie dafür sorgt, dass in der Zukunft genügend Produktionskraft vorhanden ist. Das bedeutet: Die Volkswirtschaft, die sparen will, muss in Bildung und Forschung investieren. HANS-JOSEF HECK, Remscheid

■ betr.: „Opel-Rettung. 1.100 Unternehmen wollen Staatshilfen“, taz vom 2. 6. 09

Lernprozesse finden nicht statt

Staatliche Unterstützung an Schlüsselunternehmen aus Industrie und Handel zu vergeben, ist im Rahmen dieser Wirtschaftskrise sicher richtig und notwendig. Die gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes ist direkt an seinen wirtschaftlichen Erfolg geknüpft und jeder weitere Einbruch in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verschlechtert die Gesamtlage.

Und dennoch: Warum darf man in der Krise nicht durch die Krise lernen? Beispiel Opel: GM und insbesondere Opel als „Pkw-Nischenhersteller“ haben seit Jahren mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen, die zum großen Teil hausgemacht sind. Preispolitik, Modellpalette, Ökologie etc., das Management hat hier deutliche Schwächen gezeigt und der Aufsichtsrat hat diese Schwächen entweder nicht erkannt oder gebilligt. Übrigens zusammen mit den Arbeitnehmervertretern. Beispiel Arcandor: nicht anders, eher schlimmer, weil die Filetstücke bereits vor drei Jahren gewinnbringend (Gewinn für wen eigentlich?) veräußert wurden. Jetzt heißt die Devise: Weitermachen wie bisher mit Hilfe staatlicher Unterstützung. Da zählt nicht das bessere Konzept, sondern die Nähe zur „Macht“. Das ist der erste Teil des Fehlers – Lernprozesse finden nicht statt. Nicht in der Politik und nicht in den Unternehmen. Und der zweite Teil: Wer unterstützt die Klein- und Mittelunternehmen, faktisch die größten Arbeitgeber im Lande, die von der Krise ebenso gebeutelt sind, praktisch keine Finanzmittel von Banken erhalten und vielfach auch dringend Unterstützung in Struktur und Strategie benötigen? Niemand – keine Lobby vorhanden.

Meine Wahrnehmung ist: Seit Monaten werden meine Gelder als Steuerzahler weitestgehend unkontrolliert und ohne Reflexion herausgeschleudert (Abwrackprämie!!). Leider wird die historische Dimension des Handelns nicht erkannt und daher die Chance zur Modernisierung von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft vertan. WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

■ betr.: „1.100 Unternehmen wollen Staatshilfen“

Verfehlte Wirtschaftspolitik

Es kann nicht sein, dass die Politik aus Wahlkampfgründen nur in spektakulären Einzelfällen einseitig großen Unternehmen hilft, aber mittlere und kleine Firmen sterben lässt. Bei den geplanten Staatshilfen für Großunternehmen werden die Probleme mittelständischer und kleinerer Unternehmen völlig übersehen. In Deutschland muss etwa alle 15 Minuten ein Unternehmen Insolvenz anmelden. Davon betroffen sind vor allem die mittelständischen Unternehmen, die mit 99,7 Prozent aller Unternehmen den Motor und das Rückgrat unseres Wirtschaftssystems bilden.

Als Sprecher der im Bauwesen tätigen Mittelständler möchte ich hervorheben, dass laut dem Institut für Mittelstandsforschung in diesen mittelständischen Firmen 66 Prozent aller Arbeitnehmer beschäftigt werden. Deren finanzielle Nöte werden jedoch nicht gesehen – mehr noch, auch die damit verbundene hohe Gefahr der Arbeitslosigkeit für die Mitarbeiter dieser Unternehmen wird nicht berücksichtigt. Während es gerade Großkonzerne mit deren Finanzgebaren sind, die für die augenblickliche Wirtschaftskrise verantwortlich zeichnen, werden nun genau diesen Firmen Steuergelder zur Rettung bereitgestellt. Das führt zu einer verfehlten Wirtschaftspolitik. Die geplanten Finanzspritzen verschaffen den Großunternehmen Wettbewerbsvorteile, mit denen mittelständische Unternehmen nicht mehr konkurrieren können.

Ein negatives Beispiel aus der Vergangenheit ist die Pleite des Baukonzerns Philip Holzmann AG, der mit milliardenschweren Zuschüssen gerettet werden sollte und dennoch später Insolvenz anmelden musste. Die einseitige Subvention von Großunternehmen kann nicht der richtige Weg sein. Steuergelder müssen so angelegt werden, dass die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessert werden und davon alle am Wirtschaftsprozess beteiligten Unternehmen profitieren können.

HEINRICH SCHROETER, Präsident der Bayerischen Ingenieurkammer-Bau, München

■ betr.: „Serbien. Mit dem christlichen Knüppel gegen Drogenkranke“, taz vom 28. 5. 09

Gewalt gegen Junkies

Der Beitrag über Gewalt gegen Junkies in einem sogenannten geistlichen Rehabilitationszentrum ist nur eines von unzähligen aktuellen Beispielen, die eine gravierende Verletzung elementarer Menschenrechte im Namen der Prohibition belegen. Während sogar Foltervorwürfe im Rahmen des Krieges gegen den Terror (Abu Ghraib) weltweit Empörung auslösten, lassen Folterpraktiken gegenüber Drogengefangenen meistens die Öffentlichkeit kalt. MICHAEL KLEIM, Pfarrer, Gera