Aceh wartet weiter auf Waffenruhe

Friedensgespräche in Helsinki um abtrünnige indonesische Provinz enden vorzeitig und ohne konkretes Ergebnis. Militär tötet, während die Verhandlungen laufen, weitere vier Rebellen, dennoch gibt es Hoffnung auf eine Fortsetzung des Treffens

AUS STOCKHOLMREINHARD WOLFF

Ohne konkrete Ergebnisse und einen Tag früher als geplant sind am Samstag die Verhandlungen zwischen der indonesischen Regierung und der separatistischen „Bewegung Freies Aceh“ (GAM) über die Zukunft der Provinz Aceh beendet worden. In einer Pressekonferenz in Helsinki erklärten beide Seiten ihre Absicht, sich „in naher Zukunft“ wieder zu treffen. Einen Termin nannten sie jedoch nicht.

Bei dem zweieinhalbtägigen Treffen sei über humanitäre Hilfe, den Wiederaufbau, sozioökonomische Probleme, Sicherheit, eine Amnestie für Rebellen, Wahlen sowie über Menschenrechte gesprochen worden, sagte der Gastgeber, Finnlands Expräsident Martti Ahtisaari. Es hätte keine konkreten Zusagen beider Seiten gegeben. „Es wäre auch ganz unrealistisch zu erwarten, dass beide Parteien sich gleich nach einem ersten Treffen lieben würden. Das ist ein Prozess, aber es darf kein allzu langer Prozess werden,“ so Ahtisaari.

Als konstruktiv wurde gewertet, dass die Gespräche nach einleitender Anwesenheit des Vermittlers Ahtisaari direkt zwischen beiden Delegationen geführt wurden. Laut Ahtisaari liegt das Angebot Jakartas für eine „Form von spezieller Autonomie“ für Aceh auf dem Verhandlungstisch, was die GAM bereits früher ablehnte. Die Rebellen forderten bisher ein Unabhängigkeitsreferendum, sollen sich jetzt aber noch nicht konkret zum Regierungsvorschlag geäußert haben.

Demak Lubis, Sprecher des indonesischen Delegationsleiters und Sicherheitsministers Widodo Adi Sutjipto, sprach gegenüber der finnischen Nachrichtenagentur FNB von der „Möglichkeit, eine Amnestie zu bewilligen oder den GAM-Mitgliedern auf andere Art zu helfen, wenn sie kapitulieren.“ Bakhtiar Abdullah, Sprecher der GAM und ihrer Exilregierung in Stockholm, machte klar, dass weiter Acehs volle Selbstständigkeit das Ziel sei. Beide Seiten seien aber auf einem Weg, „der in Zukunft zu etwas führen kann“.

Die Gespräche fanden in der Repräsentationsvilla der finnischen Regierung bei Helsinki statt. Laut einer Sprecherin der gastgebenden Privatstiftung „Crisis Management Initiative“ (CMI) hatten sich die Delegationen am Donnerstag zunächst gesondert mit Ahtisaari getroffen, danach waren beide Seiten dann erstmals seit 20 Monaten direkt zusammengetroffen. Im vorzeitige Gesprächsende solle man laut Ahtisaari „nichts dramatisches“ hineininterpretieren.

Die Gespräche waren laut Ahtisaari bereits seit einem Jahr vorbereitet worden und wurden nach dem Tsnunami, der Aceh besonders schwer verwüstete, vorgezogen. Beide Parteien hätten nun die Gelegenheit über sein Angebot zu beraten: sich in naher Zukunft wieder zu treffen.

Die Verhandlungen wurden am Samstag von einem Zwischenfall überschattet. Ein Militärsprecher erklärte gestern, dass Soldaten vier GAM-Mitglieder, darunter einen Kommandeur, im Osten Acehs erschossen hätten. Soldaten seien von den Rebellen, die Einwohner eines Dorfes „belästigt“ hätten, beschossen worden und hätten das Feuer erwidert. Die GAM warf dem Militär vor, den Zwischenfall provoziert zu haben. Die Kämpfer hätten in dem Dorf Verwandte besucht und sich wegen der Gespräche in Helsinki sicher gefühlt. Die Soldaten hätten aber sofort die Häuser, in denen sich die Rebellen aufhielten, umstellt. Seit Ausbruch des Krieges in Aceh 1976 starben dort mindestens 12.000 Menschen. Beobachter bezweifeln, ob die Regierung in Jakarta und die GAM-Exilführung ihre jeweiligen Truppen wirksam kontrollieren.