Größenwahnhof ist beschlossen

Dortmunds Projekt 3do am Hauptbahnhof soll endlich aus der Warteschleife: Acht Jahre nach Planungsbeginn hat jetzt die Bahn ihr Okay für den größten Bau im Ruhrgebiet gegeben

von ANNIKA JOERES

Die Würfel für die Zukunft des Dortmunder Hauptbahnhofs sind gefallen: Gestern reichte die Deutsche Bahn beim Eisenbahnbundesamt den Förder-Antrag für das Megaprojekt ein. „Jetzt steht 3do nichts mehr im Wege“, sagt Michael Kessler von der städtischen Projektgruppe. Noch in diesem Jahr werde mit den Bauarbeiten begonnen. Wahrscheinlich ist der Umbau aber erst 2008 fertig, zwei Jahre nachdem Fußballfans zur Weltmeisterschaft anreisen.

Über 40 Millionen Menschen steigen täglich in Dortmund aus und um, nach Köln ist er der größte Bahnhof in Nordrhein-Westfalen. Der Neubau sieht nicht nur eine Sanierung der Gleise vor, sondern wird auch die gesamte Innenstadt verändern. Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD) rühmt sich gerne, 3do verschlinge so viel Beton, dass mit dieser Menge das Westfalenstadion 15 Meter hoch gefüllt werden könne. Das 3do wächst in die Höhe: Das 200 Meter breite Gleisbett wird mit einem viergeschossigen Gebäude überspannt. Mit einem Investitionsvolumen von 500 Millionen Euro sollen ein Vier-Sterne-Hotel, 35.000 Quadratmeter Einzelhandel und 10.000 Quadratmeter Fläche für Entertainment entstehen. Geplant vom portugiesischen Investor Sonae, der Bahn und der Stadt, bezuschusst von Bund und Land mit insgesamt 130 Millionen Euro.

Die Planungen sind allerdings noch nicht so weit gediehen, wie es die städtischen Werberufe vermuten lassen. Ob es sich beim „Entertainment“ um Spielhöllen, Sportanlagen oder Kinos handelt, weiß noch niemand. „Vielleicht auch was mit Musik oder Kultur“, sagt Kessler. Spielautomaten wären ja nicht so toll. Auch das Luxushotel ist bisher nur eine Idee. „Wir hoffen, dass es mindestens vier Sterne werden“, sagt Kessler. Genauso hofft die Stadt, dass sich genügend EinzelhändlerInnen finden werden.

Schon seit 1997 geistert die Vision eines neues Bahnhofes durch Dortmund. Spätestens bis zur WM sollte das Ufo landen, die spacige Konstruktion wurde dann aber doch zu teuer und hatte Probleme mit der Statik. Seit fünf Jahren hat das 3do die Ufo-Utopie abgelöst, aber auch diese stand schon mehrmals vor dem Aus. Die vollmundigen Ankündigungen möchte die Stadt aber nicht auf ihre Kappe nehmen. „Das war jedes Mal die Bahn oder Sonae“, sagt Kessler, die Stadt wisse, dass ein so riesiges Projekt seine Zeit brauche.

Die KritikerInnen des 3do sind allerdings immer noch nicht verstummt. Der Einzelhandel fürchtet um seine KundInnen in der angrenzenden Innenstadt und pocht darauf, die Einzelhandelsfläche zu verkleinern. Umweltschützer fordern mehr Grünflächen. Am Nordausgang solle nicht alles versiegelt werden, sagt Thomas Quittek vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). „Dort ist schon jetzt die schlechteste Luft von Dortmund.“ Ärgerlich findet Quittek den zunehmenden Autoverkehr. Nach einem Gutachten werde sich der Straßenverkehr auf den Zulieferstraßen um bis zu 50 Prozent erhöhen. „Es dürfen viel weniger Parkplätze gebaut werden“, sagt Quittek.

Dominik Viebrunck vom Fahrgastverband pro bahn freut sich über das 3do. „Dortmund braucht schnell einen neuen Bahnhof“, sagt er. Zurzeit sei er so eng, dass sich die Fahrgäste gegenseitig im Weg stünden. „Diese Probleme löst das Modell.“ Andererseits werfe es auch neue auf: Die geplante Betondecke über den Gleisen sei ungemütlich. Sie entfalte eine Sogwirkung, die Winde über die Gleise pfeifen lässt. Ansonsten begrüßen die Banfans die kürzeren Wege zu den Stadtbahnen und anderen Linien. Aufs Einkaufzentrum könnten die Bahnkunden aber verzichten, sagt Viebrunck. „Wir warten nur auf bessere Fahrbedingungen.“