Kaiserzeit fordert schwule Historiker heraus

Das „Centrum Schwule Geschichte“ erforscht die Geschichte der Homosexuellen in Köln und Umgebung. Trotz Geldsorgen leistet es mit Ausstellungen, Büchern und Stadtführungen einen wichtigen Beitrag zur Historiographie

Köln taz ■ Die Kaiserzeit ist eines der Spezialgebiete von Erwin In het Panhuis. Der 39-Jährige ist einer von acht ehrenamtlichen Mitarbeitern des Ehrenfelder „Centrum Schwule Geschichte“ (CSG). Seit der Vereinsgründung im Jahre 1985 erforschen schwule Männer die Geschichte der Homosexuellen in Köln und Umgebung.

Zunächst interviewten sie Zeitzeugen aus der Weimarer Zeit und der Ära der Nationalsozialisten. Da das Archiv immer weiter wuchs, zogen die schwulen Historiker vor acht Jahren in die Vogelsanger Straße. Auf 60 Quadratmetern präsentieren sie dort die Dauerausstellung „Himmel und Hölle – 100 Jahre Schwule in Köln“. Ein Teil der ständig wachsenden Sammlung ist inzwischen nach Kalk ausgelagert.

„Leider ist das Archiv nicht optimal sortiert“, bedauert Herbert Potthoff. Der Lehrer für Geschichte und Sozialwissenschaften ist seit mehr als zehn Jahren beim CSG aktiv. „Uns fehlt einfach das Geld“, begründet er die miserablen Bedingungen, unter denen das CSG seine Arbeit macht.

Nur durch Mitgliedsbeiträge und die Erbschaft ihres Gründungsmitglieds Claus Gillmann hält sich das Centrum noch über Wasser. Mit neidischen Blicken schauen die Kölner nach Berlin, wo gerade mit sechsstelligen Summen aus Stiftungsgeldern das neue „Schwule Museum“ eröffnet wurde.

Obwohl in der Homohochburg Köln für schwule Geschichte das Geld fehlt, leistet das CSG dennoch seit Jahren mit Ausstellungen, Buchprojekten und schwulen Stadtführungen durch Köln einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung und Geschichtsschreibung. „Aber das Interesse der unter 30-Jährigen ist da sehr gering“, bedauert Erwin In het Panhuis eine Entwicklung, die er seit rund zehn Jahren beobachtet. Sicher sei das leichtere Coming-out ein Grund dafür. „Aber es ist doch eine politische Frage, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen.“

Dennoch sind Potthoff und In het Panhius mit viel Spaß dabei und voller Pläne. Neben der morgigen Gedenkveranstaltung in Bonn (siehe Beitrag oben) sollen in naher Zukunft eine Ausstellung und ein Buch das schwule Leben in Köln während der wilhelminischen Zeit dokumentieren. In het Panhuis: „Es wäre die erste lokalgeschichtliche Publikation zu dieser bisher stiefmütterlich behandelten Epoche.“

Thomas Spolert

„Himmel und Hölle – 100 Jahre Schwule in Köln“, CSG, Vogelsanger Str. 61