Afrikas Kriege überfordern die AU

Der Staatengipfel der Afrikanischen Union sucht für die drei schwierigsten Konfliktgebiete vergeblich nach Lösungen. Elfenbeinküste, Kongo, Sudan – überall geht die Initiative zu schärferen Maßnahmen gegen Kriegstreiber auf die UNO über

VON DOMINIC JOHNSON

Afrikas drei schwierigste Konflikte haben den Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU) in Nigerias Hauptstadt Abuja beherrscht, der gestern Abend zu Ende gehen sollte. Die Krisen in der Elfenbeinküste, der Demokratische Republik Kongo und im Sudan haben eines gemeinsam: Die AU kann sie alleine nicht lösen – aber ohne die AU gibt es auch keine Lösung. Das Verhältnis des afrikanischen Staatenbundes zum Rest der Welt war damit Hauptthema.

Für die Elfenbeinküste stand das Scheitern der AU-Vermittlungsbemühungen zwischen den Rebellen und dem Regime von Präsident Laurent Gbagbo im Mittelpunkt. Drei Monate hat Südafrikas Präsident Thabo Mbeki versucht, im AU-Auftrag den ivorischen Friedensprozess wiederzubeleben – erfolglos. So stand gestern Abend, pünktlich zum Ende des AU-Gipfels, im UN-Sicherheitsrat eine Abstimmung über die Verschärfung des geltenden Waffenembargos gegen alle Konfliktparteien des Landes an. Aus Rücksicht auf die AU hatte die UNO das für Freitag angesetzte Votum vertagt – wohl im Wissen darüber, welchen Protest es in Afrika gegen das bevorstehende schärfste UN-Sanktionsregime der Gegenwart geben dürfte: Ohne Vorwarnung sollen zukünftig die UN-Truppen und die französischen Eingreiftruppen in der Elfenbeinküste sämtliche Grenzposten, Häfen und Flughäfen durchsuchen und Waffen beschlagnahmen dürfen. Zugleich hat UN-Generalsekretär Kofi Annan vom zuständigen UN-Komitee eine Liste von 95 ivorischen Persönlichkeiten erhalten, gegen die demnächst gezielte Reise- und Finanzsanktionen verhängt werden sollen. Dazu gehören die „First Lady“ Simone Gbagbo, Rebellenführer Guillaume Soro und Milizenchef Charles Blé Goudé.

Mit diesen Maßnahmen übernimmt die UNO die Initiative zur Bestrafung von Kriegstreibern in der Elfenbeinküste, während die AU auf der Stelle tritt. Den umgekehrten Weg versucht die AU im Kongo zu beschreiten, wo die bisherige UN-Truppe nicht in der Lage ist, die anhaltenden Kämpfe im Osten des Landes zu unterbinden. Ein stärkeres Eingreifen afrikanischer Truppen wird nun ins Auge gefasst. Doch eigentlich hat die AU dafür kein Geld, und zudem muss das Auseinanderbrechen der kriselnden kongolesischen Allparteienregierung verhindert werden, wofür außerafrikanischer Druck nötig ist. Ein neuer Expertenbericht an den UN-Sicherheitsrat, der auf Untersuchungen einer britischen Parlamentskommission zurückgeht, empfiehlt nun für Kongo ein ähnlich scharf überwachtes Waffenembargo wie für die Elfenbeinküste. Dies würde Kongos afrikanische Nachbarn empfindlich treffen. Diese Widersprüche dürften eine klare Haltung der AU zur Krise im Kongo verhindern.

So bleibt der AU zum Beweis ihrer Leistungsfähigkeit eigentlich nur Sudan, wo sie ihre einzige größere Friedenstruppe stehen hat: rund 1.300 Beobachter in Darfur, zumeist aus Ruanda und Nigeria. Da der Krieg in Darfur jeden Monat weiter eskaliert und die AU-Truppen dagegen nicht eingreifen können, zeigt aber auch dieser Fall die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der AU auf. UN-Generalsekretär Kofi Annan forderte nun in Abuja UN-Sanktionen gegen Sudans Regierung.

„Die Ursachen der Konflikte liegen bei uns, und die Schlüssel zu ihnen liegen in unseren Händen“, hatte am Sonntag zum Gipfelauftakt AU-Generalsekretär Alpha Oumar Konaré gesagt. Was die zweite Hälfte dieser Bemerkungen angeht, beweist seine Organisation gerade das Gegenteil. Vielleicht ist es folgerichtig, dass der Gipfel sich ausgiebig mit der Frage einer verstärkten afrikanischen Vertretung in einem reformierten UN-Sicherheitsrat befasste. Allerdings auch hier ohne endgültigen Beschluss.