Sympathisch angreifbar

MUSIK ... And You will Know Us By The Trail Of Dead? spielen gleich zweimal in Bremen – einmal gratis mit Kunstbeigabe, einmal in der bisweilen äußerst eruptiven Vollversion

Zurück zum alten Sturm und Drang – zurück zum Selbermachen

von Andreas Schnell

Die große Geste, verzweifelte, geradezu schmerzende Diesseitigkeit, kein Gedanke an ein Morgen. Pathetisch, aber auch elektrisierend, jetzt, alles, zugleich - das waren „... And You Will Know Us By The Trail Of Dead“ (im Folgenden „TOD“) in ihren besten Augenblicken. Mit ihrem zweiten Album „Madonna“ brachten sie den Gitarren-Rock nach Hardcore auf den Punkt. Und manchmal gingen dabei auch beträchtliche materielle Werte den Weg alles Irdischen: Gitarre, Bass, Schlagzeug, Verstärker – nachher war oft alles kleiner als die Summe der einzelnen Teile.

Danach schnappte die Plattenindustrie zu: „Source Tags & Codes“ war ein formidables Werk, das noch einmal ausdifferenzierte, was auf „Madonna“ angelegt war, wobei gerade die Klarheit auch die Schwächen der Band stärker hervortreten ließ: Die Schlichtheit ihrer Melodik überschrien sie früher schlichtweg, nun lag sie bloß vor unseren Augen. Aber das machte sie andererseits auf sympathische Weise angreifbar. Dann verstiegen sich die Texaner in epische Konzepte, spielten geradezu Progressive Rock, ohne die hypertechnische Komplexität einer Band wie „Mars Volta“, eher als Amalgam klassischer Rock-Ikonen wie den „Beatles“, „Pink Floyd“ oder David Bowie, was bei aller Ambition eine schöne Platte ergab, die allerdings den früher weit spürbaren Drang zum Erhabenen vermissen ließ – was vor allem ein Frage des mangelnden Dranges überhaupt war.

Nach einem weiteren Album bei einer großen Plattenfirma sind „TOD“ einen Schritt zurückgegangen. Klanglich wie auch ökonomisch. Auf dem eigenen Label Richter Scale Records erschien Anfang des Jahres „The Century Of Self“, das die dramatischen großen Linien wieder in ein verstärkt lärmig rumpelndes Klangbett versenkt, was sich zweifellos auch dem Aufnahmeverfahren verdankt: Statt, wie auf den vorangegangenen Alben endlose Studio-Frickelei zu betreiben, das Schlagzeug per Click-Spur auf Linie zu trimmen, Spur auf Spur zu schichten, nahmen „TOD“ das Album live auf, was die beachtliche Dynamik der Band konserviert, die eher einem punkigen DIY-Gestus frönt. Unterpunkt Selbermachen: Das Cover, das das Album ziert, stammt von Conrad Keely, Sänger und Gitarrist der Band, der seine Arbeiten am Montagabend in der Schlachthofkneipe zeigt und mit seiner Band parallel dazu bei freiem Eintritt einen unverstärkten Auftritt spielt, bevor es dann am nächsten Abend die Vollversion zu sehen und zu hören gibt.

Montag, 18 Uhr, Schlachthof-Kneipe; Dienstag, 20 Uhr Schlachthof Kesselhalle