Studierende jetzt Finanz- und Demoexperten

Am Tag vor ihren Gebührendemos müssen sich die nationalen Studivertreter um Finanzpolitik kümmern – und die Kreditanstalt für Wiederaufbau

Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren hatte gestern alle Hände voll zu tun. Das Konglomerat von Organisationen musste mobilisieren – und Finanzpolitik machen. Denn die neuen Vorschläge der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) machen es nötig, sich ums Studiengeld zu kümmern. Das ABS rief daher die Bundesregierung auf, das Programm der bundeseigenen Bank zu verhindern.

„Rund 90.000 Euro Schulden am Ende des Studiums verhindern jede Existenzgründung“, sagte der Sprecher des ABS, Sascha Vogt. „Deshalb muss der Bund, der immerhin 80 Prozent der KfW besitzt, mit einer konsequenten Ablehnung eines entsprechenden Programms die Einführung von Studiengebühren verhindern.“

Die KfW hatte zuvor überraschend ein Angebot für Studierende unterbreitet: Einen Kredit, der bereits ab Wintersemester 2005/2006 Studierenden helfen soll, ihr Studium zu finanzieren. Der Kredit in Höhe von bis zu 650 Euro im Monat soll allen Studierenden unabhängig vom Studienfach sowie vom Einkommen und Vermögen der Eltern zugänglich sein. Er könne zu deutlich kürzeren Studienzeiten führen, sagte Bankchef Hans Reich.

Das Angebot der staatlichen Bank kommt nicht überraschend, erwischt die Bundesregierung allerdings auf dem falschen Fuß. Die Einführung von Studiengebühren gilt bei Rot-Grün als nicht opportun. Die Bank hatte bereits seit längerem umfassende Bildungskredite ausgearbeitet. Die ultimative Aufforderung aus den Bundesländern, die KfW mit der Absicherung sozialer Risiken von Unigebühren zu beauftragen, hatte der Bund stets abgelehnt. Allerdings gibt es darüber Differenzen in der Regierung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Wirtschaftsminister Wolfgang Clement für Gebühren ist – und für die entsprechenden Aktivitäten der Kreditanstalt.

Die Entscheidung über die Bildungskredite, das sagte Bankchef Hans Reich, müsse letztlich der Bund treffen. Das KfW-Angebot steht nach seinen Worten nicht im Zusammenhang mit der von mehreren Ländern geplanten Einführung von Studiengebühren. Die Studienkredite der KfW sind auf die Dauer gesehen nicht ganz billig. Sie können im Maximalfall zu einem Rückzahlungsbedarf von 126.000 Euro führen. Das würde bedeuten, dass die Studierenden nach ihrem Studium rund 30 Jahre lang 300 Euro pro Monat rückführen müssten. Die Kredite sind nicht zur Deckung von Gebühren gedacht, sondern sollen den Lebensunterhalt der Studis stellen.

Der freie zusammenschluss von studierendenschaften (fzs) und das Aktionsbündnis riefen unterdessen zur Teilnahme an den Gebührenprotesten auf. Fünf dezentrale Demos sollen morgen den Auftakt zu einem Protestsommer bilden, dessen Höhepunkt am Tag der Arbeit, am 1. Mai, steigen soll. Sascha Vogt, Geschäftsführer des ABS, sagte: „In Hamburg, Berlin, Leipzig, Mannheim und Essen muss es darum gehen, ein erstes bundesweites Zeichen gegen Studiengebühren zu setzen.“ Fzs-Vorstandsmitglied Stefanie Geyer meinte: „Wir rufen Studierende, aber auch SchülerInnen, Gewerkschaften und andere soziale Organisationen dazu auf, sich an den Protesten zu beteiligen und sich gemeinsam gegen den fortschreitenden Bildungs- und Sozialabbau zu stellen.“

Die Demotermine stellen sich fzs und ABS so vor: In Essen startet die Demonstration um 11 Uhr ab dem Uni-Campus, in Leipzig um 13 Uhr ab dem Augustplatz, in Mannheim um 14 Uhr ab dem Hauptbahnhof, in Hamburg um 14 Uhr ab dem Uni-Campus und in Berlin um 15 Uhr ab dem Schlossplatz. Für das Sommersemester hat das ABS weitere massive Proteste im gesamten Bundesgebiet angekündigt. TAZ