Die Zocker müssen draußen bleiben

Auf kein Sportereignis in den USA wird so gewettet wie auf die Super Bowl. Manipulationen gibt es (angeblich) kaum

BERLIN taz ■ Am Sonntag spielen New England Patriots und Philadelphia Eagles in der Super Bowl um den Titel der National Football League (NFL), und vor diesem Ereignis herrscht immer Hochbetrieb in den Wettbüros von Las Vegas. Dort kann man auf alles wetten, was mit der Partie zu tun hat, sogar darauf, wie die Münze bei der Seitenwahl fällt. Zwischen 80 und 100 Millionen Dollar an Wetteinsätzen erwarten die Buchmacher in Las Vegas, der Zockermetropole in Nevada, einem von nur vier US-Bundesstaaten, wo Sportwetten erlaubt sind. Aber Experten schätzen, dass auf jeden legal gewetteten Dollar 50 illegal gesetzt werden.

„Klar könnte jemand versuchen, ein Spiel zu manipulieren“, sagt der NFL-Vizepräsident Jeff Pash, „aber es wäre sehr schwierig.“ Vordergründig stimmt das: Es reicht ja nicht, einen Schiedsrichter zu bestechen, weil insgesamt sieben auf dem Feld stehen, in wechselnden Kombinationen. Außerdem führte die Profiliga schon in den Achtzigerjahren den Videobeweis ein, seitdem kann jeder Coach eine strittige Entscheidung sofort überprüfen lassen.

Manipulieren kann man trotzdem, wie sich an einem der beiden – gescheiterten – Versuche zeigt, die von der NFL eingestanden werden: 1971 bekam der Center Jerry Sturm 10.000 Dollar geboten (damals ein Drittel seines Jahresgehalts), wenn er in einer Partie seiner Houston Oilers den Ball ein paar Mal nicht richtig an den Mann bringen würde. In den USA wird nicht allein auf Sieg gesetzt, sondern auch auf die Punktedifferenz zwischen Sieger und Verlierer. Ein Punkt mehr oder weniger entscheidet da über tausende von Dollar.

Die NFL brüstet sich jedoch damit, dass es seit Sturms Warnung zu keinem weiteren Manipulationsversuch mehr gekommen sei. „Wir haben sehr strenge Maßnahmen, die unseren Sport vom Einfluss der Glücksspieler fernhalten“, versichert Liga-Sprecher Greg Aiello. Tatsächlich vermeidet die NFL jeden offensichtlichen Kontakt mit der Zocker-Industrie. Als im vorigen Frühjahr diskutiert wurde, auch in Atlantic City Sportwetten zuzulassen, argumentierten die NFL-Vertreter im nahen New York entschieden dagegen. Sie nötigten einst den Besitzer der Philadelphia Eagles, Leonard Tose, zum Verkauf des Teams, weil er Spielschulden in Millionenhöhe hatte. Die Brüder Joe und Gavin Maloof, Eigentümer des Basketball-Profiklubs Sacramento Kings sowie des Palms Casinos in Las Vegas, erzählen: „Wir fragen alle paar Jahre nach, ob wir ein Team kaufen können, aber die NFL lehnt immer ab.“

Glaubt man den NFL-Managern, dann existieren Liga und Glücksspiel in zwei Paralleluniversen. Manchmal kollidieren diese Welten trotzdem. In den Sechzigerjahren sperrte die NFL zwei der damals größten Stars für jeweils eine Saison, weil sie auf ihre Teams gewettet hatten. Danach stellte die NFL Sicherheitsleute ein, um die Profis beobachten zu lassen. In den Achtzigerjahren fiel dabei der Quarterback Art Schlichter aus Baltimore auf; er wurde ein Jahr gesperrt und landete wegen seiner Spielsucht sogar im Gefängnis.

Der Autor Dan Moldea behauptet in seinem 1989 erschienenen Buch „In die Quere gekommen“ freilich, dass die NFL etliche Manipulationen vertuscht habe. Laut Moldea habe sogar die Polizei ermittelt, weil Footballspieler von Glücksspielern mit Drogen versorgt worden sein sollen. JOACHIM MÖLTER