Schock, lass nach
: Balkanisierung! Alle korrupt!

AUS MADRID REINER WANDLER

Es ist ein Skandal so richtig nach dem Geschmack der El País. Bestätigt doch die Wettaffäre im Fußball einmal mehr den seit Jahren von der größten spanischen Tageszeitung konstatierten Werteverfall in der Bundesrepublik. „Der Geruch von Korruption macht sich in Deutschland breit“, beginnt der Text auf der Rückseite. Der Berlin-Korrespondent José Comas nimmt die Affäre um Hoyzer zum Anlass, aufzuzeigen, wie sich Deutschland zunehmend „balkanisiert“.

„Abgeordnete, die nicht davor zurückschrecken, bei Unternehmen zu kassieren …, die Spitze des deutschen Kapitalismus entschädigt sich selbst mit Millionenbeträgen … die Arbeiterklasse macht mit … die Schwarzarbeit summiert sich auf 16,4 Prozent des BIP.“ Dass DFB-Chef Mayer-Vorfelder, „ein Expolitiker, der immer vom Schein der Korruption begleitet wird“, nur zögerlich reagiert habe, sei nur das Tüpfelchen auf dem i. „Die alten preußischen Tugenden und die Arbeitsmoral scheinen endgültig Geschichte zu sein.“

Auch die anderen hauptstädtischen Blätter berichten lange und ausführlich: „Alle korrupt“ – titelt El Mundo. „Am Wochenende fragten sich die Fans überall auf den Rängen: ‚Wird auch hier geschoben?‘.“ Und die ABC zitiert gleich zu Beginn eines langen Textes das Kahn-Zitat, das dieser Tage auf keiner spanischen Sportseite fehlen durfte. Der Wettskandal sei „ein Tritt in den Hintern des deutschen Fußballs“. Der DFB steht in Spanien zwar nicht für gutes Spiel, aber für solide Arbeit und Kampfmoral. Freilich schwingt die Schadenfreude in allen Medien mit.