Ehrlich gesagt: Die Stadt nicht ökonomisieren
Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer stellte seine Studie zu Fremdenfeindlichkeit und Demokratieverständnis in Bremen im Rahmen der SPD-Veranstaltungsreihe „Der rote Faden unserer Politik“ vor.
taz: Was fängt die SPD mit den Ergebnissen der Studie an?
Jens Böhrnsen, SPD-Fraktionsvorsitzender: Ich habe darauf ehrlich gesagt noch keine genaue Antwort. Wir dürfen uns aber nicht mit den Zuständen abfinden. Die gesellschaftliche Spaltung nimmt auch in Bremen immer weiter zu. Die Stadt hat die meisten Einkommensmillionären pro 100.000 Einwohner, gleichzeitig aber auch eine der höchsten Zahlen an Sozialhilfeempfängern. Wir sind wirtschaftsstark, gleichzeitig haben wir sehr viele Arbeitslose.
Wie gehen Sie damit konkret um?
Wer heute behauptet, er hätte darauf eine allumfassende Antwort, den würde ich als Scharlatan bezeichnen. Erforderlich sind viele kleine Schritte. Dazu gehört, dass man mit den Möglichkeiten, die die Politik hat, Arbeitsplätze schafft. Dazu gehört, dass man die Stadt nicht ökonomisiert, sondern die Infrastruktur auch unter Sparbedingungen möglichst ausbaut und in Bildung investiert.
Wird angesichts der Einsparungen nicht die Spaltung gerade in Bremen noch weiter zunehmen?
Gerade in der jetzigen Situation muss man Schwerpunkte setzen. Das bedeutet nach meiner Überzeugung, dass man die soziale Infrastruktur gerade nicht beschädigt. Da darf man keinen Kahlschlag organisieren.
Aber das Vertrauen darauf, dass das so ist, sinkt doch.
Es ist sicher kein Bremen spezifisches Problem, dass das Vertrauen darauf, dass die Politik die Probleme auch lösen kann, geringer geworden ist. Deshalb muss man alles daran setzen, das Vertrauen wiederzugewinnen. Man darf keine Illusionen erzeugen, sondern muss zeigen, dass man wirklich Lösungen hat. Und wo man noch keine Lösungen hat, muss man sich auch dazu bekennen.
Hat die SPD sich dazu bekannt, dass sie keine Lösungen hat – Stichwort: Kanzlerbrief?
Das war nicht Thema des Tages.
Interview: Jan Zier
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