Vier Schuss, drei Treffer, helau

Im karnevalsverwirrten Mainz erzielt Hertha mit hoher Effizienz, einem überragendem Bastürk und einem unhöflichen Trainer ein 3:0. Nun fehlen nur noch zwei Punkte bis zur Champions League

AUS MAINZ CHRISTOF RUF

„Brezialitäten“, „Imbiss-Bauer: Mit Genuss genießen“ – Mainzer Gastronomen geben dieser Tage alles, um die Kundschaft anzulocken. Die hat an Karneval so viel Zeit zu essen und zu trinken, dass in der Hochburg des Katholizismus aus Angst vor Urin-Attentaten sogar der Dom verriegelt bleibt. Auch das Johannes Gutenberg gewidmete Museum hat an Karneval geschlossen, dabei hätte der mutmaßlichen Erfinder des Buchdrucks am Samstag allen Grund gehabt, stolz zu sein, denn beim Fußballverein seiner Heimatstadt bringt man durchaus Lesenswertes zu Papier.

Oder wüssten Herthas-Fans ohne die Stadionzeitung 05er etwa, dass es in Berlin 262 Döner-Läden gibt, in Mainz hingegen nur 23, mit der erstaunlichen Folge, dass der Snack im Süden glatt einen Euro mehr kostet (im Schnitt 3,32 Euro statt derer 2,29 wie in Berlin). Würden Sie sich daran erinnern, dass vor zehn Jahren die meisten von ihnen noch gar nicht wussten, dass man Fußball nicht nur im Fernseher schauen kann? 1995, erinnert sich der 05er, wollten gerade einmal 3.379 Zuschauer ins Olympiastadion, um sich ein 1:1 gegen Mainz anzuschauen, zu dem ein gewisser Jürgen Klopp den Gästetreffer beisteuerte.

Eben der – mittlerweile zum Trainer avanciert – bemühte nach der 0:3-Niederlage am Samstagnachmittag aktuellere Statistiken, um seinem etwas unhöflichen Berliner Kollegen Falko Götz („Wir wussten schon vorher, dass wir die besseren Spieler haben“) zu widersprechen. Die „schlechteren Spieler“ hätten sich dann also wohl fünf Ecken erarbeitet, während die angeblich besseren Herthaner keine einzige zu verzeichnen gehabt hätten? Ganz zu schweigen von den 17 Torschüssen, denen die Sieger lediglich vier entgegengesetzt hätten. Dass die Berliner davon allerdings drei verwertet hatten, wollte dann auch der eloquente Klopp nicht in Abrede stellen: „Hertha war nur in puncto Effizienz besser.“

In der Tat war Mainz das aktivere Team, allerdings endeten die Angriffe allzu oft mit harmlosen Abschlüssen oder hanebüchenen Fehlpässen. Ganz anders die Hertha, die fraglos nur das Nötigste tat, um den fünften Auswärtssieg im sechsten Spiel einzufahren – und der nun nur noch zwei Punkte bis zu den Champions-League-Rängen fehlen. Allerdings stand die Defensivformation um Arne Friedrich und Josip Simunic absolut sicher, so dass Keeper Christian Fiedler kaum einmal in Gefahr geriet. Davor gelang es Niko Kovac immer wieder die Offensivkräfte Andreas Neuendorf, Gilberto und Nando Rafael effektiv ins Spiel zu bringen.

Dass das Fehlen des gelb gesperrten Marcelinho so wenig auffiel, lag allerdings primär an Yildiray Bastürk, der das Spiel fast alleine entschied. Per Kopf erzielte der 1,68-Knirps das 0:1 (26.), nachdem der Mainzer Christof Babatz sträflich seine Aufsichtspflicht vernachlässigt hatte. Auch das 0:2 ging zum Großteil auf das Konto des quirligen Türken. Nach seinem sehenswerten Alleingang brauchte Neuendorf den Abpraller nur noch über die Linie bugsieren (68.). Acht Minuten später verwertete er dann eine schöne Vorlage von Gilberto zum 0:3-Endstand. Die cleverere, ballsicherere Mannschaft hatte über die engagiertere triumphiert.

Die Mainzer Fans ließen sich von der sechsten Niederlage im sechsten Spiel nicht verdrießen und stimmten karnevaleske Lobeshymnen auf die „Meenzer Fleischwurschd“ an. Kein Wunder bei den Dönerpreisen.