Nowotny – Guerrero 0:2

Dank seines jungen peruanischen Stürmers Paulo Guerrero kann Bayern-Trainer Felix Magath in den fröhlichen Fanchor Richtung Bayer Leverkusen einstimmen: „Ihr werdet nie deutscher Meister!“

AUS MÜNCHEN THOMAS BECKER

Ein bisschen Elfer-Talk, ein paar Sätze Guerrero, ein Kahn-Lob und schon war man durch. Aus. Keine Themen mehr. Dabei ist das postpressekonferenzielle Gespräch mit dem Bayern-Trainer für die Journalisten der schreibenden Zunft von essenzieller Bedeutung für die Berichterstattung. Hier fallen schon mal die beiläufig gemeinten Halbsätze, die der Übungsleiter der wichtigsten deutschen Vereinsmannschaft so nie in die laufende Fernsehkamera sagen würde, die aber tief in die mühsam vermauerte Seele blicken lassen. Was bei dem stets so kontrolliert im Tee rührenden Felix Magath ja schon schwer genug ist. Was also tun, wenn nach fünf Minuten die Themen ausgehen? Die Verletzten, gute Idee: Pizarro (nur eine Erkältung), Lizarazu (darf morgen wieder mittrainieren), Scholl (darf wohl im Laufe der Woche wieder, hängt noch ein Jahr dran – wunderbar!). War’s das? Das war’s. Danke schön, schönen Abend noch.

Ach ja, der Gegner. Über den, oder zumindest das Spiel gegen ihn, hätte man natürlich auch reden können. Auf diese verwegene Idee kam allerdings niemand. Bayer 05 Leverkusen zu Gast beim FC Bayern München – das ist eine Geschichte für sich. Eine, die immer gleich ausgeht: Bayer ist kein Stück schlechter als Bayern, oft sogar ein Stück besser, aber die Wahrscheinlichkeit, dass München gewinnt, ist so hoch, dass man hohe Wetten eingehen möchte – wäre das nicht gerade politisch vollkommen unkorrekt. Die Südkurve singt: „Ihr werdet nie deutscher Meister!“ Der Lineker-Spruch schwebt überm Stadiondach: Bayern gegen Bayer, das Spiel, bei dem 22 Spieler dem Ball hinterher rennen und am Ende immer Bayern gewinnt. Letztmals war das anno 1989 anders, als ein gewisser Marek Lesniak den Bann brach.

Unvergessen bei allen Bayern-Hassern ist auch der dritte Spieltag, als die Münchner eine selten demütigende 1:4-Niederlage in Leverkusen einstecken mussten. Das magische Dreieck von damals erscheint heute wie ein Ding aus einer anderen Welt: França, im August noch der Chef-Demütiger mit zwei Toren und einem Assist, wurde in Minute 80 eingewechselt, Ponte fiel nur durch Schubsereien auf, Berbatow hätte immerhin fast zwei Tore geschossen. Von dem 4:1-Fußballfest der Vorrunde war das 2:0 im Olympiastadion in etwa so weit weg wie Hansa Rostock vom Champions-League-Finale.

Ein Spitzenspiel hätte es werden sollen, ein Vorgeschmack auf die Duelle mit Arsenal respektive Liverpool: Beide Teams hatten achtmal in Folge nicht verloren, mit dem eifrig als Reiseziel ausgegebenen Auswärtssieg wäre Bayer bis auf drei Punkte am Marktführer dran gewesen. Natürlich wurde wieder nichts daraus. Magath fasste in anderthalb Sätzen zusammen: „Neun Punkte Vorsprung sind eine ganze Menge – ich denke, Bayer ist erst einmal raus aus dem Titelrennen.“

Es war kein Spitzenspiel: eher ein Plädoyer für Schlittenfahren am Olympiaberg, ein Festival der Fehlpässe und Ballverluste, der kleinen Fouls und der kleinlichen Pfiffe. Einer war besonders überflüssig: Bayer-Coach Augenthaler hatte längst die zwei Pfiffe zur Halbzeit erwartet, als Schiedsrichter Michael Weiner noch mal kurz in die Tröte blies und auf den Punkt zeigte. Vorangegangen war eine kollektive Rolle rückwärts der Spieler Nowotny und Guerrero, die allein Letzterer als klaren Elfmeter ausmachte. „War’s einer, Paulo?“, wurde er später gefragt. „Ja, ja“, flötete der junge Mann aus dem Latino-Model-Katalog, begleitet vom bravstmöglichen Unschuldslächeln.

Zum Zweinull benötigten die Bayern nur noch eine Prise des nach ihnen benannten Dusels: Steilpass von Ze Roberto, Guerrero zu schnell für Nowotny, Butt zu spät raus, der Abpraller vor die Füße des Bayern-Stürmers: Nowotny – Guerrero 0:2, sein sechstes Tor im achten Spiel. Augenthaler sagt: „Guerrero ist ein guter Junge, und Jens hat erst einmal trainiert.“ Magath lobt: „Das war ein starker Auftritt. Er hat seinen Anspruch auf einen Platz von Beginn an untermauert.“ Rummenigge orakelt: „Er ist mehr als Ersatz. Pizarro muss aufpassen.“ Der 21-jährige Peruaner selbst radebrecht: „Ich bin noch ein Junge. Roy immer gut. Ich muss warten.“ Hoffentlich nicht so lange wie Bayer auf den Sieg in München.

Bayern München: Kahn - Frings (46. Sagnol), Lucio, Kovac, Salihamidzic - Ballack - Hargreaves, Schweinsteiger (61. Demichelis) - Zé Roberto (85. Deisler) - Makaay, GuerreroBayer Leverkusen: Butt - Schneider, Juan, Nowotny, Placente (65. Babic) - Ramelow - Freier, Ponte (73. Donovan), Krzynowek - Berbatow, Woronin (80. França)Zusch.: 45.000; Tore: 1:0 Makaay (45./Foulelfmeter), 2:0 Guerrero (67.)