: Zentralafrika auf dem Holzweg
Die Staaten des zentralafrikanischen Kongobeckens wollen ihre Regenwälder mit den Erlösen aus dem Tropenholzexport schützen. Umweltschützer wundern sich
BERLIN taz ■ Die Urwälder Zentralafrikas sollen zukünftig mit den Einnahmen aus dem Tropenholzexport geschützt werden. Auf diese paradoxe Konstruktion einigte sich am Samstag der Regenwaldgipfel in Kongo-Brazzaville, auf dem die Anrainerstaaten des Kongo-Flussbeckens zusammen mit Vertretern der reichen Industrienationen über den Schutz des nach dem Amazonasbecken zweitgrößten tropischen Regenwaldgebiets der Erde diskutiert hatten. „Der Gipfel hat das Prinzip eines Finanzmechanismus beschlossen, wonach Steuern auf die Erlöse des Exports von Wald- und Tierprodukten die Finanzierung des Konvergenzplans garantieren sollen“, heißt es in der am Samstag verabschiedeten Abschlusserklärung des Gipfels. Der „Konvergenzplan“ mit einem Umfang von 1,3 Milliarden Dollar beinhaltet ein Zehnjahreskonzept zum langfristigen Erhalt der afrikanischen Regenwälder.
Zuvor hatte Kongo-Brazzavilles Präsident Denis Sassou-Nguesso, Gastgeber des Gipfels, einen „gerechten Weg zwischen der notwendigen Erhaltung der Umwelt und den Überlebensnotwendigkeiten der Anwohner der zu schützenden Wälder“ gefordert. Kongo-Brazzaville will mit einem länderübergreifenden Zertifikatssystem dafür sorgen, dass die Länder Zentralafrikas Tropenhölzer exportieren können, ohne dafür der Umweltzerstörung beschuldigt zu werden. Die Zertifikate sollen garantieren, dass nur solche Hölzer auf den Weltmarkt gelangen, für deren Einschlag es eine Regierungsgenehmigung gibt.
Weiterhin sagte die EU auf dem Gipfel 40 Millionen Euro zur Finanzierung der „Kongobecken-Initiative“ zu, ein bereits vor mehreren Jahren beschlossenes 300-Millionen-Dollar-Programm zum Schutz der zentralafrikanischen Regenwälder, für das bisher nur Zusagen aus den USA in Höhe von 53 Millionen Dollar vorlagen; von diesen waren bisher auch nur 20 Millionen ausgezahlt.
Umweltschützer reagierten gespalten auf den Gipfelbeschluss. „Zentralafrika ist ein Vorbild für die gesamte Welt, wie grenzüberschreitende Umweltprobleme zu lösen sind“, lobte Claude Martin, Direktor des World Wildlife Fund (WWF). Die britische „Rainforest Foundation“ sowie „Greenpeace“ kritisierten die Beschlüsse hingegen als Freibrief zum Abholzen. Die Korruption in der Rohstoffwirtschaft der Länder des Kongobeckens sei gigantisch, hieß es. „Schlechte Regierungsführung und mangelnde Transparenz müssen prioritär angegangen werden“, forderte Jean-Luc Roux von Greenpeace. Außerdem müssten die Volkswirtschaften der Region ihre Abhängigkeit vom Holzexport eigentlich verringern und nicht erhöhen.DOMINIC JOHNSON
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen