Patriots in Perfektion

Die New England Patriots gewinnen in Jacksonville die Super Bowl des American Football gegen die Philadelphia Eagles mit 24:21. Paul McCartney überzeugt zur Pause mit vollständiger Bekleidung

VON MATTI LIESKE

Das Wichtigste zu Beginn: Die Halbzeitshow bei der Super Bowl in Jacksonville verlief diesmal ohne Zwischenfälle. Nachdem im letzten Jahr die lösliche Oberbekleidung von Janet Jackson für den größten Sexskandal in den USA seit Clintons Zigarre gesorgt hatte, engagierte man diesmal vorsichtshalber den braven Paul McCartney. Der hatte zwar angekündigt, er würde lieber gleich nackt kommen, damit kein Kleidungsstück seinen Dienst versagen könne, doch tatsächlich erschien er in einem züchtigen roten langärmligen T-Shirt, das zwar aussah, als stamme es aus der Mottenkiste, aber dennoch die paar Songs durchhielt.

Das Match zwischen den New England Patriots und den Philadelphia Eagles schien sich an der Show des Ex-Beatles zu orientieren: grundsolide, ohne große Brillanz, aber spannend. Was spielt er wohl, fragte man sich bei McCartney („Drive My Car“, „Get Back“, „Live and Let Die“, „Hey Jude“), wer gewinnt, war lange die Frage des Spiels. Das war am Ende mit 24:21 das Team aus Boston.

Es waren Patriots in Perfektion, die in Jacksonville auf dem Platz standen und genau jenen effektiven Stil spielten, mit dem sie sich in den Playoff-Runden zuvor der Mannschaft mit dem besten Angriff der Liga (Indianapolis) und der mit der besten Abwehr (Pittsburgh) entledigt hatten. Nichts war spektakulär, aber alles war gut. Quarterback Tom Brady spielte wie gewohnt fast fehlerfrei, auch wenn er diesmal nicht zum besten Akteur der Super Bowl gewählt wurde. Diese Ehre wurde Deion Branch zuteil, der elf Pässe für 133 Yards fing.

Die Eagles waren im Prinzip ein gleichwertiges Team, weshalb in dem engen Match die Kleinigkeiten entschieden. Wie gut beide Mannschaften organisiert sind, zeigte die zweite Halbzeit. Jedes Mal, wenn eine Seite ein Mittel gefunden zu haben schien, die Defense der anderen auszumanövrieren, veranlasste der Trainer sofort die nötigen Korrekturen, schon funktionierte die Sache nicht mehr. Kaum hatte Tom Brady mit kurzen Pässen nach außen die starke zentrale Abwehr der Eagles leer laufen lassen, schlossen die Eagles die Lücke. Kaum hatte Philadelphias Quarterback Donovan McNabb seinen Running Back Brian Westbrook als Quelle für stetigen Raumgewinn entdeckt und ihm den Touchdown zum 14:14 aufgelegt, sorgte Patriots-Coach Bill Belichick dafür, dass Westbrook beim nächsten Drive der Eagles keinen Yard Platz mehr fand.

Den Ausschlag gab das Duell der Quarterbacks. Brady blieb makellos, McNabb aber wurde nicht nur viermal von seinen Beschützern im Stich gelassen und niedergerissen, sondern warf auch drei Interceptions. Eine vierte blieb ihm aufgrund eines dummen Fouls der Patriots erspart. Besonders bitter der Ballverlust im letzten Viertel beim Stande von 14:21. Gerade hatte Terrell Owens, der nur sieben Wochen nach seinem Knöchelbruch hervorragend spielte, die Eagles mit einem großartigen Catch weit in New Englands Hälfte gebracht, da warf McNabb den Ball genau in die Arme von Tedy Bruschi und leitete so das entscheidende Field Goal für die Patriots ein.

„Wenn zwei gute Teams gegeneinander spielen, darfst du dir keine Ballverluste leisten“, sagte Eagles-Coach Andy Reid, „so ist der Name des Spiels.“ McNabb, der sich vorher während der gesamten Saison nur acht Interceptions geleistet hatte, war untröstlich: „Ballverluste bringen dich um, und sie haben uns heute schwer geschadet.“

Während die Philadelphia Eagles weiter auf ihren ersten Supper-Bowl-Sieg warten müssen, sind die Patriots das zweite Team der NFL-Geschichte nach den Dallas Cowboys Anfang der Neunziger, das drei Titel in vier Jahren holte. Und dies, obwohl die Bedingungen für derartige Konstanz viel ungünstiger geworden sind. Nach Einführung von Free Agency und Gehaltsobergrenze wechseln die Stars munter die Teams, wer in einem Jahr oben ist, kann im nächsten ganz unten sein, und umgekehrt. Dass jetzt im Falle der New England Patriots wieder die Rede von einer „Dynastie“ ist, dürfte auch daran liegen, dass die Patriots keine echten Stars haben, aber als Team perfekt harmonieren.

Und natürlich liegt es am Chefcoach. Bill Belichick hat jetzt mit 10:1 Siegen in den Playoffs sogar den legendären Vince Lombardi überholt, nach dem im Übrigen die Trophäe für den Super-Bowl-Gewinner benannt ist. Mit den Green Bay Packers hatte Lombardi in den Sechzigern neun Playoff-Siege erreicht, damit allerdings fünf Titel gewonnen. Ein bisschen was muss der Patriots-Coach also noch tun, bevor die Vince Lombardi Trophy in Bill Belichick Trophy umbenannt werden kann.