REINER WANDLER ÜBER DIE KOMMUNALWAHLEN IN MAROKKO
: Reform von oben

Ein „Erdbeben“ sagte Marokkos Presse voraus, als die erst vor zehn Monaten gegründete Partei für Authentizität und Modernität (PAM) zu den Kommunalwahlen antrat. Und sie hat Recht behalten. In den letzten drei Wochen hat sich Marokkos politische Landschaft so verändert wie in den letzten zehn Jahren nicht. Die PAM wurde zur stärksten Partei, Gründer Fouad Ali El Himma zum wichtigsten Politiker des Reiches von König Mohamed VI.

Der Monarch scheint Großes mit seinem ehemaligen Schulkameraden aus dem königlichen Lycée vorzuhaben. Der einstige Chef des Kabinetts von Mohamed VI. und spätere starke Mann in der Innenpolitik ist seit den Kommunalwahlen geradezu prädestiniert, eines Tages Ministerpräsident Marokkos zu werden. Mit Hilfe von El Himma wird Mohamed VI. versuchen, in der zersplitterten Parteienlandschaft eine ihm treue Gruppierung zu installieren, die in der Lage ist, eine starke Regierung mit einem starken Ministerpräsidenten zu bilden. El Himmas Ausstieg aus der derzeitigen Regierungskoalition und sein harscher Wahlkampf gegen die „alten Herren“ der marokkanischen Politik deuten darauf hin.

Ohne die alten Strukturen wäre der Erfolg von El Himmas Partei aber gar nicht zu erklären. Nach wie vor ist für viele der Wille des Königs Gebot. Und wenn eine Operation des Königspalastes einen Wechsel verspricht, ist der Wahlerfolg umso einfacher. Doch genau hier liegt auch die Gefahr des Projektes. El Himma wird in den kommenden Monaten weiter an Popularität gewinnen. Und sicher wird er bei den Parlamentswahlen in zwei Jahren sehr gut abschneiden. Doch wenn die von ihm versprochene Erneuerung keine wirklichen Verbesserungen bringt, werden die Marokkaner umso enttäuschter sein. Die Nutznießer wären dann die Islamisten – deren Zuwachs diesmal gestoppt wurde.