NEBENSACHEN AUS MINNA VON HAKEEM JIMO: Zu Besuch beim General
Nigerias früherer Machthaber Ibrahim Badamasi Babangida scheint nicht mehr machtbesessen
Mein Freund hatte eine Idee. „Lass uns zu meinem Freund zum Mittagessen fahren.“ Der Freund meines Freundes ist auch mein Freund. Aber so einfach war das nicht. Wir würden zwei Stunden im Auto von der nigerianischen Hauptstadt Abuja westlich nach Minna fahren.
Minna ist der Heimatort von General Ibrahim Badamasi Babangida. Viele nennen ihn IBB. Andere nennen ihn das „böse Genie“. Ich werde ihn mit „Sir“ ansprechen, tendiere aber zum unrühmlichen Spitznamen.
Wir fahren an dem Gefängnis vorbei, wo ich vor ein paar Monaten den Mann mit 86 Ehefrauen interviewte. Scharia-Eiferer hatten den Mitte 80-Jährigen aufgefordert, sich von 82 der Frauen scheiden zu lassen. Er hat das nicht getan. Vielleicht sind die Menschen in diesem nigerianischen Bundesland „Niger“-State alle etwas stur.
1985 kam der Höhepunkt von Babangidas Soldatenkarriere. Er putschte sich in dem westafrikanischen Land an die Macht. Die einen hassen Babangida noch heute dafür, dass er 1992 die einzig wirklich freie Präsidentschaftswahl annullierte und einer schrecklichen Diktatur den Weg bereitete. Andere sehen die Korruption in Nigeria untrennbar mit der Ära Babangida verbunden.
Jetzt steht er vor mir. Er ist klein und wirkt ganz anders als ein Militärherrscher und ein Dollarmilliardär. Denn es wird geschätzt, dass am Ende seiner Amtszeit ungefähr acht Milliarden US-Dollar fehlten. In der Eingangshalle steht ein Glaskasten mit ein paar Fotos darin. Es zeigt Babangida und seine Frau beim Staatsbesuch in England mit Königin Elisabeth II.
Babangida trägt ein traditionelles Gewand Nigerias. Wir gehen in den Esssaal. Das Gespräch kreist um den Bundesstaat „Ekiti“, wo Gouverneurswahlen stattgefunden haben – chaotisch und mit machtbesessenen Kandidaten, wie leider so oft in Nigeria.
Machtbesessen scheint Babangida nicht mehr. Das Alter lässt ihn gutmütig erscheinen. Manche spekulieren noch, ob Babangida ein Comeback als Präsident plant. Er ist ein Makler der Macht par excellence. Er kennt die hoch komplizierte Ethnien-Politik Nigerias wie kein anderer. Er weiß, wie er Menschen instrumentalisieren kann.
Er fragt mich, was ich noch vorhabe im Leben. Ich antworte, dass sich die Zeiten in Nigeria geändert haben. In seiner Zeit versprach das Militär, einen nach oben zu bringen. Heute müsse man dafür in die Regierungspartei PDP eintreten. Er antwortet, dass er das nicht glaube. Ich hätte ihn gerne gefragt, wie er auf das heutige Nigeria schaut. Vielleicht erkenne ich in seinen weichen, aber müden Augen bereits die Antwort.
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