Japans Spiel mit dem nordkoreanischen Feind

Vor dem heutigen Fußballspiel gegen Nordkorea mahnen Japans Politiker zur Ruhe. Zuvor hatten sie selbst den Ton gegenüber Pjöngjang verschärft

TOKIO taz ■ „Showdown in Saitama“ nennen japanische Zeitungen das WM-Qualifikationsspiel zwischen Nordkorea und Japan heute Abend. 20-mal so viel Sicherheitskräfte wie üblich werden in das Stadion nördlich von Tokio geschickt. Die Nachfrage nach Tickets überstieg das Angebot von 64.000 Plätzen bei weitem, dennoch wurden 500 Karten einbehalten: So wird Platz geschaffen für eine Pufferzone zwischen den Fangruppen der beiden Mannschaften.

Das Klima zwischen den Nachbarländern ist gereizt, aufgekocht vom Volkszorn und angefeuert von Politikern und rechtsextremen Heißspornen. Der Hauptgrund: die Verschleppung japanischer Bürger in den 70er- und 80er-Jahren. Zu Spionagelehrern sollten sie ausgebildet werden. Fünf gab Nordkoreas Machthaber Kim Jong Il frei. Die restlichen acht seien verstorben, behauptet Pjöngjang. Als Beweis wurde die Asche von einer der Entführten, Megumi Yokata, nach Tokio gesandt. Doch das brachte den Konflikt erst recht zum Eskalieren. Ein japanischer DNA-Test ergab, das sei nicht Megumis Asche. Am 28. Januar mahnte Japans Außenministerium: Sollte sich Nordkorea nicht kooperativer zeigen, seien „strenge Maßnahmen“ – gemeint sind Wirtschaftssanktionen – ins Auge zu fassen.

Seither wird das Thema Sanktionen in allen Varianten durchexerziert. Wie müssten sie konzipiert sein, damit Nordkorea nicht durchs Netz schlüpft? Würde Japans Speisezettel leiden, wenn nordkoreanische Schneekrabben aus den Läden verbannt würden? Wäre es womöglich raffinierter, das Wort Sanktionen zu vermeiden – weil Nordkorea dies als Kriegserklärung verstehen würde – und stattdessen die Gesetze über die Schifffahrt zu verschärfen? Die Umweltstandards für „ausländische Frachter“ so zu modifizieren, dass kein nordkoreanisches Schiff mehr in Japans Häfen anlegen dürfte?

Zwischen die Fronten geraten die 150.000 Nordkoreaner, die in Japan leben. Die meisten sind Nachfahren koreanischer Zwangsarbeiter, die von der früheren Kolonialmacht Japan hierher gebracht wurden. Sie werden im Stadion die rot-blauen Fahnen des kommunistischen Staates schwenken, wenn Nordkoreas Nationalelf einläuft. Die pro-nordkoreanischen Vereinigung Chongryun beklagt, ihre Mitglieder würden vermehrt angepöbelt und diskriminiert.

Die japanischen Medien sind dem Team Nordkoreas, das sich mehrheitlich aus Spielern der Armeemannschaft „25. April“ rekrutiert, seit Wochen auf den Fersen. Auf der chinesischen Insel Hainan, wo sich die Nordkoreaner auf das WM-Qualifikationsspiel vorbereiteten, pirschten sich japanische Fotografen in Paparazzi-Manier an das gegnerische Team heran – was zu Beschwerden aus Pjöngjang führte. Derweil schickte der nordkoreanische Coach seine Männer beim Freundschaftsspiel gegen Kuwait ohne Nummern und Namen auf den Rasen. Um den japanischen Spionen die Arbeit zu erschweren wurde das Spielfeld mit einem Sichtschutz verdeckt.

Die japanischen Politiker, die die Anti-Nordkorea-Stimmung in den vergangenen Wochen anheizten, finden kurz vor dem Spiel besänftigende Worte. Premierminister Junichiro Koizumi: „Sport ist nicht Politik.“ Der einflussreiche Kabinettssekretär Hiroyuki Hosoda sagte: „Wir bitten die Zuschauer kühlen Kopf zu bewahren und das Spiel zu genießen.“ Am wirkungsvollsten dürfte die Warnung des japanischen Polizeikommissars Iwao Uruma sein. Japanische Fans sollten nicht vergessen, wo das Rückspiel ausgetragen werde – in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. MARCO KAUFFMANN