Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Von Jörg Heiser stammt bekanntlich die schöne Idee vom Slapstick als einem der Wesenszüge der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts – als Befreiung aus den Einbahnstraßen der Wahrnehmung. Manchmal reicht dafür auch der Kalauer. Wie die Sonnenblumen von Van Gogh, die der britische Künstler Mark Alexander bei Haunch of Venison Schwarz in Schwarz malt. Selbstverständlich geht es in Via Negativa um Schwerwiegendes – um die christlich-mystische Tradition der Erleuchtung über dem Umweg der Dunkelheit. Wie auch immer: funktioniert.

Auch Tom Holmes bei Exile würde sich dagegen verwahren, seine selbstklebenden, innen auf die Windschutzscheibe seines Wagens gepappten Geschenkbandschleifen als Kalauer zu sehen. Doch wie diese pinke oder silberne Drag-Metapher nun seine – so typisch US-amerikanisch, aus dem Auto herausgeschossenen – Landschaftsaufnahmen ver(un)ziert, das ist ein echt genial-gemeiner Kommentar aufs Kanonische.

Und das kann Franziska Holstein auch, mit ihrer „Kleinen Anstrichfibel“ bei Christian Ehrentraut, einem neokonstruktivistischen Handoffsetdruck auf Karton. Die bei Neo Rauch diplomierte Malermeisterin, um im Jargon zu bleiben, zeigt in ihren aktuellen Arbeiten Witz, Sinn und Form. So bläst sie Rasterpunkte zu fußballgroßen Kreisen auf, auf entsprechend mächtigen zweieinhalb mal fünf Metern Leinwand. Die Rasterpunkte kommen nicht von ungefähr. Sie wachsen sozusagen aus dem Siebdruck heraus, der sich unter den vielen Acryl- und Ölfarbschichten verbirgt, die Holstein aufträgt und dann wieder abkratzt, abschmirgelt und wieder überlackiert. Franziska Holstein reißt dem Gemälde Wunden, trägt heilende Salbe und schützendes Pflaster auf. Das braucht es, schließlich zeigt das abstrakte Bild ganz ungeschützt und realistisch „Knie“.

■ Mark Alexander: A Blacked Gold, bis 15. 8. , Di.–Sa. 11–18 Uhr, Haunch of Venison, Heidestr. 46; Tom Holmes: Noisy Bottom, bis 4. 7., Di.–Sa. 12–18 Uhr, Exile, Alexandrinenstr. 4; Franziska Holstein: Brot/Spiel, bis 11. 7., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Galerie Christian Ehrentraut, Friedrichstr. 123