Tsunami & Reisen

Koffer der Solidarität

Nie fiel es der Reisebranche so leicht, Verantwortung für die Gastländer zu übernehmen wie jetzt nach dem Tsunami. Wo alle die schlichte Frage drehen und wenden, ob man die betroffenen Regionen besuchen soll, da gibt es nur die eine Antwort: die Koffer packen! Nichts wie hin!

Es muss weitergehen. Touristische Hochburgen wie die Insel Phuket in Thailand leben vom Tourismus. Die meisten Hotels sind unbeschädigt, aber sie sind zu höchstens 10 Prozent belegt. Kitti Phantanachinda, Vizepräsident des Tourismusverbandes Phuket, erläuterte nun auf der Podiumsveranstaltung des Reisepavillons „Tourismus trotz Tsunami“ die wirtschaftliche Situation: Die Welle, so der Thailänder, erwischte den Tourismus genau am zweiten Tag der Hochsaison, die in Phuket am 25. Dezember losgeht. Der wirtschaftliche Einbruch sei verheerend. Er treffe nicht nur Arbeitsplätze im Tourismus, sondern auch die Zulieferwirtschaft wie Landwirtschaft und Fischerei.

Auch auf dieser Podiumsveranstaltung war Solidarität angesagt. Nur: Etwas anders sollte der künftige Tourismus denn doch werden. Niemand übte Kritik am Massentourismus an thailändischen Stränden, der gerade auf Phuket sehr stark ein problematischer Sextourismus ist. Das Podium blickte in die Zukunft, die, so waren sich alle einig, „nachhaltig“ werden soll. Dieser Meinung waren die Vertreter von Welttourismusorganisation und TUI, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, dem WWF und Kitti Phantanachinda aus Phuket selbst. Ein Küstenschutzprogramm ist beschlossene Sache, Mangrovenwälder sollen erhalten und ökologische Probleme klein gehalten werden. Vor allem der WWF will sich um Umweltqualitätsstandards beim Wiederaufbau bemühen.

Um die Weichen für einen nachhaltigeren Tourismus zu stellen, braucht es allerdings Zeit, meinte Christine Plüss vom Schweizer Arbeitskreis für Tourismus und Entwicklung. Sie plädierte für eine „Verschnaufpause“ im Tourismus. Damit schloss sie sich den Überlegungen thailändischer NGOs an, die für Veränderungen – nicht nur im Umwelt –, sondern auch im sozialen Bereich – Zeit gewinnen wollen. Eine kluge Forderung. Aber auch verallgemeinerbar?

Die Sicht der kleineren Reiseanbieter vertrat Markus Hegemann vom Forum Anders Reisen. Anstelle einer Pause empfahl er eine differenzierte Sicht auf die unterschiedlichen touristischen Strukturen in den Gastländern. Ob Sri Lanka, Thailand oder Indonesien, in allen Ländern bestehen neben massentouristischen auch kleinteilige touristische Strukturen. Hegemann empfahl hier besonders den Blick auf die Welt der Ökoprojekte und des sozialverantwortlichen Tourismus, dem sich viele Spezialanbieter verschrieben haben. In diesem Bereich werden durchweg Reisen mit einem hohen wirtschaftlichen Multiplikatoreffekt und vielen persönlichen Kontakten zum Gastland organisiert. Reisen in die vom Tsunami betroffenen Regionen machen einen großen Teil aller Angebote der im Forum organisierten Veranstalter aus. Hegemanns Botschaft: Nachhaltiger Tourismus existiert längst – und wir machen ihn. Wenn wir wirklich helfen wollen, dann hier!

In der Tsunami-Diskussion punkteten die Spezialveranstalter mit dem „anderen“ Reisen. Ein gelungenes Heimspiel auf der Messe für „anderes“ Reisen. Engagierte Reisende können also getrost ihre Koffer packen.

CHRISTEL BURGHOFF