LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Datenschutz. Die große Flut“, sonntaz vom 13. 6. 09

Handelnde Subjekte mauern

Nun ist es so gekommen wie erwartet. Die Industrie darf uns weiter mitteilen, was sie „an Überflüssigem hervorbringt, das schnellstmöglich kaputtgehen muss, um Platz für neue Waren zu schaffen. Eine solche Wirtschaft der Verschwendung rast nicht nur auf einen ökologischen Kollaps zu …“ (taz, selbe Ausgabe, einige Seiten weiter, nämlich 25)

Allerdings ist der Gesetzgeber ja nicht das einzige handelnde Subjekt in diesem Land, es gibt ja auch noch die Leute, die all die schönen Werbebriefe und erfreulichen Anrufe erhalten. Wer sagt eigentlich, dass man diese annehmen bzw. entgegennehmen muss? Es gäbe doch die Möglichkeit, per Hand ein „ZURÜCK“ auf das Kuvert zu schreiben und dieses in den nächsten gelben Kasten zu werfen! Den callenden Dumpflaberern aus den Centern wiederum könnte man freundlich die Gelegenheit zu den beabsichtigten Monologen bieten, indem man den Hörer nicht auf-, sondern einfach weglegt. Ohne sie auch nur mit einem Wort zu belästigen. So kann man die eigene Zeit fast ungestört nutzen, und der Anrufer erledigt, wenn auch erfolglos, seine Arbeit. Und belästigt in dieser Zeit keine anderen Mitmenschen. KARIN HAGEN, Möckenlohe

■ betr.: „Mehr Geld statt mehr Pausen“, taz vom 8. 6. 09

Der Arbeitsauftrag der Erzieherin

Es scheint dem Beruf der ErzieherIn anzuhaften, dass er missverstanden und dass ironisch an ihm herumgedeutelt wird. Die GEW-Forderung nach Gesundheitsschutz wegen Kindergeschrei habe allerdings auch ich mit etwas Bauchschmerz gelesen. „Was sind das denn für ErzieherInnen, deren Kinder derart ausflippen?“ Dieser Gedanke ließ sich nicht vermeiden.

Als Kitaberaterin und Fortbilderin bin ich ständig in diversen Kinderhäusern unterwegs und rede fast täglich mit ErzieherInnen, über ihren Spaß am Tun genauso wie über ihre Sorgen. Über Geschrei hat sich noch keine bei mir beklagt. Viele sind hoch engagiert in ihrem Beruf und dennoch bedrückt, wegen der immensen neuen Anforderungen, die in den letzten Jahren auf sie zugekommen sind. Ich kenne keine Berufsgruppe, die sich so selbstkritisch mit ihrem Auftrag auseinandersetzt und in der soviel not wendiges Know-how über Erwachsenenbildung „nachgereicht“ wird, oft bis in die Abendstunden hinein. Nicht weil das Damalige so schlecht war (jede Zeit hat ihre Irrtümer), sondern weil der Beruf per se die ständige Anpassung an gesellschaftliche Verhältnisse verlangt.

Tatsächlich gibt es einen erhöhten Kompetenzbedarf, der natürlicherweise dadurch entsteht, dass gesellschaftlichen Phänomenen Rechnung getragen werden will. Die ErzieherInnen von heute sind nicht nur mit der Pflege, Bildung und Betreuung von Kindern beschäftigt. Sie tun gut daran, und das spüren sie im Alltag, sich mit folgenden Dingen vertraut zu machen oder gemacht zu haben: Interkultur, mehrsprachige Erziehung, Psychomotorik, Elternberatung, Beratung für Alleinerziehende, Elternkooperation, Sozialraumorientierung, Einbindung ehrenamtlicher Mitarbeiter, Öffnung in Richtung Mehrgenerationenhäuser (wenn die Kinder weniger werden, müssen neue Konzepte für die Räume her), Umweltpädagogik, geschlechtergerechte Erziehung, Gestaltung des Übergangs in die Grundschule usw. All diese Dinge sind gesellschaftlich derart relevant, dass sie sich weder unter übertriebenem Bildungswahn noch unter „ein bisschen mehr Fortbildung, bitte“ verbuchen lassen. Für diese Dinge brauchen ErzieherInnen mehr Vorbereitungs-, Fortbildungs- und Reflexionszeit. Und sie brauchen dafür mehr Geld. Dass darüber überhaupt verhandelt werden muss, ist, da stimme ich Herrn Füller zu, tatsächlich außerordentlich peinlich.

DOROTHEE JACOBS, Berlin

■ betr.: „Ein riesiger Sumpf“, Tierschützerin und Veterinärärztin Elke Deiniger fordert das Ende des Hochleistungssports für Pferde,taz vom 16. 6. 09

Festivals der Eitelkeiten

Pferdeleistungsprüfungen anzuschauen wird seit Jahren immer unattraktiver, da es Festivals der Eitelkeiten geworden sind, bei denen guter Reitsport auf Kosten spektakulärer Springparcours und Zeitvorgaben sowie verspannter, erzwungener Dressurdarbietungen, die nicht nur die Belastbarkeit der Pferde überschreiten, sondern auch deren Gebrauchsfähigkeit verkürzen, zunehmend verloren geht. Warum müssen Pferde über zwei Meter hohe Mauern springen oder mit überdehnter Kopfhaltung, die Nase fast parallel zum Boden (NL) wieder und wieder schwierigste Dressuraufgaben gehen?

Menschlicher Ehrgeiz kann sehr zerstörerisch sein! Die deutsche reiterliche Vereinigung (FN) versucht den Spagat zwischen der überlieferten Reitkunst und dem Kommerz; ansonsten gut ausgebildete Turnierrichter übersehen geflissentlich fundamentale Mängel, um die finanzkräftige Reiterklientel nicht zu verprellen. Schließlich sind Pferdehandel und -ausbildung ein nicht unbedeutender Geschäftszweig. Wer Pferde wirklich mag, der malträtiert sie nicht so und duldet dies auch nicht!

GERNOT ZOTHNER, Schömberg

■ betr.: „Einigung in der Koalition: Am Donnerstag wird der Bundestag über die Sperrung von Internetseiten beschließen. Sperrlisten werden kommen“, taz vom 15. 6. 09

Überwachung und Kontrolle

Die tiefe Verachtung, die Politiker gegenüber dem gemeinen Volk an den Tag legen, ist unerträglich. Erst wurde immer wieder die Mär einer Terrorismusbedrohung ausgerufen, nun wird eben Kinderpornografie herbeifabuliert, mit dem einzigen Ziel, ein möglichst engmaschiges Netz an Überwachung und Kontrolle einzurichten. Die Tendenz ist nicht neu, aber dass man sich inzwischen noch nicht einmal mehr die Mühe macht, sich mit den zahlreichen Argumenten der Kritiker auseinanderzusetzen, ist schon ernüchternd. Wenn bei der nächsten Großdemo nicht nur gewisse Internetseiten zufällig gesperrt werden, sondern auch das Mobilfunknetz zufällig ausfällt, würde es irgendwen wundern? Aber keine Sorge, drei Monate später wird das eine unabhängige Kommission ja überprüfen. Vielleicht.

TIM ARETZ, Kessel-Lo, Belgien