Neues Kölner Modell: Kein-Euro-Jobs

In Zeiten knapper Kassen ist Freiwilligenarbeit beliebt. Heute lobt OB Schramma den Ehrenamtspreis aus. Um die Bürger zu motivieren, hat die Stadt außerdem ein Maßnahmenpaket geschnürt. Für dessen Umsetzung fehlt es auch wieder am Geld

VON CHRISTOPH SCHEUERMANN

Fritz Schramma kämpft an allen Fronten: Weil das städtische Haushaltsloch immer größer wird, will der Oberbürgermeister die Bürger verstärkt in die Pflicht nehmen. Um sie zu „bürgerschaftlichem Engagement“ anzuspornen, wird Schramma heute dazu aufrufen, sich möglichst zahlreich um den mit 5.000 Euro dotierten Kölner Ehrenamtspreis zu bewerben.

Ebenfalls im Dienste der freiwilligen Mitarbeit am demokratischen Gemeinwesen Köln hat der Stadtrat vor zwei Wochen ein „Konzept zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements“ verabschiedet. 15 Monate lang hatten Experten aus Verbänden, Politik und Stadtverwaltung daran gearbeitet, wie man möglichst viele Kölner dazu bringen kann, sich in Vereinen, Projekten oder Veedels-Initiativen zu betätigen.

Die 46 Seiten langen Empfehlungen sind umfassend und reichen von einer effektiveren Vermittlung von Ehrenamtlichen über Maßnahmen zur gesellschaftlichen Anerkennung des bürgerschaftlichen Engagements bis zur Stärkung der lokalen Demokratie. Einige Vorschläge sind bis ins Detail ausgearbeitet. So empfiehlt das Papier, das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen intensiv zu bewerben, und zwar im so genannten „Nachrichtenleitmedium“, dem Kölner Stadt-Anzeiger. Dessen Redaktion solle „dazu bewegt“ werden, das Thema „über circa ein Jahr im Rahmen einer Serie zu beleuchten und den Leserinnen und Lesern näher zu bringen“. Die „Zusammenstellung von Themenvorschlägen und Basismaterial“ soll ebenfalls übernommen werden.

Ähnlich detailliert sind die Vorschläge zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung und zur Stärkung der lokalen Demokratie. So wird gefordert, die Bürger – zunächst auf Veedelsebene – in die Haushaltsplanungen bei Stadtentwicklung, Kultur, Soziales und Sport vollständig einzubeziehen. Auch solle der Beschwerdeausschuss reformiert und gegenüber dem Stadtrat gestärkt werden.

Zudem müsse es „eine möglichst frühzeitige Mitwirkungsmöglichkeit bei allen Planungsstufen und ein möglichst offenes, transparentes und effektives Genehmigungsverfahren“ geben. Dass das bisher keineswegs Realität ist, gestehen die Autoren unumwunden zu: Die geplante Bebauung der Rennbahn in Weidenpesch etwa gebe „Anlass zur Sorge, dass hier ein aufwendiges und teures Beteiligungsverfahren Anwohnern und Bürgergruppen als Alibipartizipation“ angeboten werde.

Die Umsetzung des auf fünf Jahre angelegten Konzepts soll das „Netzwerk Bürgerengagement“ übernehmen, das aus vier Arbeits- und einer Steuerungsgruppe besteht. Allerdings bekommt es dafür lediglich 50.000 Euro pro Jahr; das ist nur ein Fünftel der ursprünglich veranschlagten Summe. Damit aber lasse sich nur ein kleiner Teil des Konzepts verwirklichen, kritisiert Daniel Schily von der Initiative „Mehr Demokratie e.V.“. Er warnt vor der „Einengung der gemeindlichen Demokratie durch knappe Finanzmittel“ und sogar vor „Partizipationsfolklore“. Schily: „Der normale Bürger bekommt davon oft gar nichts mit.“