Grüne Visapolitik vor dem Amtsgericht

Zu einer Geldstrafe auf Bewährung wurde eine Bremerin verurteilt, die fremden Albanern zum Einreise-Visum verhalf

Bremen taz ■ Der Zeitpunkt des Prozessauftaktes war denkbar günstig gewählt. Während Außenminister Joschka Fischer gestern vor die Presse trat, um die „politische Verantwortung“ für die „Visa-Affäre“ zu übernehmen, verhandelte zeitgleich in Bremen das Amtsgericht über die Praxis grüner Visapolitik.

„Schleusertum“ lautete der Vorwurf, den die Staatsanwaltschaft gegen Elisabeth S. erhob. Die 39-jährige Angeklagte habe 2003 und 2004 in mindestens sechs Fällen so genannte Verpflichtungserklärungen für AlbanerInnen unterschrieben – und ihnen damit illegalerweise zu einem Visum für Deutschland verholfen. Mit ihrer Unterschrift erklärte sich S. dazu bereit, die AlbanerInnen als Gäste zu beherbergen und für deren Lebensunterhalt aufzukommen. S. habe sie aber weder gekannt noch bei sich wohnen lassen wollen, betonte die Staatsanwaltschaft. Laut Ausländergsetz hätte es deshalb kein Visum geben dürfen.

Einer der von S. eingeladenen Albaner wurde im vergangenen Jahr am Münchner Flughafen mit einem falschen italienischen Pass aufgegriffen. Der Mann kam aus Spanien – und wollte nicht nach Bremen, sondern in die USA weiterreisen. Einmal verhaftet, brachte er den Stein ins Rollen.

Am Ende kam S. mit einer Verwarnung davon: Richter Hans Ahlers verurteilte sie wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen das Ausländergesetz zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro auf Bewährung. Sie habe aus „Gefälligkeit“ gegenüber ihrem damaligen Lebensgefährten und dessen Freunden gehandelt. Der Vollmer-Erlass und die „laxe“ Visavergabepraxis seitens der Behörden in Tirana habe ein Übriges dazu beigetragen. Zwar hätten die eingereisten Albaner S. wohl nicht besuchen wollen – indes gebe es keinen Verdacht auf illegale Prostitution oder Schwarzarbeit, verteidigte der Richter die Angeklagte. S. habe „keinerlei Nutzen“ aus ihren großzügig verteilten Garantiererklärungen gezogen. „Einfach blauäugig“ sei S. gewesen, meinte denn auch ihr Rechtsanwalt.

Neue Kreise wird die Visafrage beim Bremer Amtsgericht aber nicht ziehen: Weitere Verfahren, so Ahlers, seien jedenfalls nicht anhängig. mnz