Fischers Visum läuft bald ab

Bundesaußenminister übernimmt „politische Verantwortung“ für die Visa-Affäre. Autorität als Grünen-Chef und Außenminister steht jetzt auf dem Spiel. Schröder stärkt seinem Vizekanzler demonstrativ den Rücken. Die Union schimpft ihn einen „Lügner“

BERLIN taz ■ Joschka Fischer bekannte sich gestern erstmals zu seiner Rolle in der Visa-Affäre. „Es gilt das Prinzip der Ministerverantwortung“, sagte der grüne Bundesaußenminister, in dessen Amtszeit tausendfach Reisevisa von kriminellen Schleusern missbraucht wurden. Fischer sagte, er stelle sich vor die Beamten des Auswärtigen Amtes.

Diese Volte Fischers erboste die Opposition. „Seine Mitarbeiter“, sagte der Ankläger im Untersuchungsausschuss, Reinhard Grindel (CDU), der taz, „wollten die zu Schleuserkriminalität geradezu einladende Visapraxis doch gar nicht haben.“ Die Union wirft dem Außenminister vor, durch die Vergabe von Reiseschutzpässen etwa Zwangsprostitution gefördert zu haben. CSU-Chef Edmund Stoiber forderte deshalb Fischers Rücktritt. CDU-Chefin Angela Merkel legte Fischer eine solche Konsequenz indessen nur nahe.

„Es ist ja nicht so, dass die Zwangsprostitution mit Rot-Grün begonnen hätte“, verteidigte sich der Außenminister gegen diesen Vorwurf. Die Visaerleichterungen seien politisch gewollt gewesen. Es ging um das Ziel des so genannten Volmer-Erlasses. Mit ihm wurde seit dem 3. März 2000 bei der Vergabe von Touristenvisa die Maxime ausgegeben: „Im Zweifel für die Reisefreiheit.“ In der Folge stieg in vier deutschen Botschaften die Zahl von Einreisenden um 250.000 Personen an.

Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützte Fischer. „Wenn die Opposition glaubt, den Außenminister kippen zu können, dann irrt sie gewaltig.“ Fischers Aussagen zur Visa-Affäre seien ziemlich übersichtlich, sagte dagegen Eckart von Klaeden – und unwahr: „Nach meiner Lebenserfahrung ist das glatt gelogen.“ CHRISTIAN FÜLLER