Hustensaft mit Cortison

Schaukeln wie bei Edgar Wallace: „The Chap“, jetzt in der Schilleroper, zelebrieren britische Spleenigkeit der 60er

Bizarr ist nicht nur das Image dieser Band aus Nord-London: „Chaps“ nannte man Strickpullover oder Dreiteiler aus Tweed tragende und Pfeife rauchende Gesellen in den 50ern, die als harmlos anmutende Dandy-Versionen sich einer recht häuslichen Mode verschrieben hatten und eine unklare Sexualität auslebten.

The Chap sind auch musikalisch ein Mysterium. Die vierköpfige Combo, bestehend aus Claire, Johannes, Keith und Panos, arbeitet hart an der britisch-verschrobenen Spleenigkeit, die in den Popfilmen der 60er zelebriert wurde, und mischt diese mit der coolen Befremdlichkeit von New Wave aus den frühen Achtzigern. Dabei verschreibt sich das Quartett nicht der Beat-Musik im klassischen Sinne. Man scheint zwar auch mit Gitarre und Bass zu arbeiten, dann aber bommert es seltsame Geräusche aus dem Sampler, und Electro-Rhythmen stampfen.

Gesungen wird dazu unverständliches, pseudo-surreales Zeug. In einem Refrain heißt es immer wieder „Ra-ra-ra-ra!“ Männlicher Sprechgesang und lyrische Frauenstimme wechseln sich ab. Dann plätschert ein Piano eine versonnene Melodie, eine Schaukel quietscht, und es regnet gespenstisch-atmosphärische Schatten aus Edgar Wallace-Filmen.

Andere Tracks sind einfach Ansammlungen von Geräuschen auf Gitarren-Picking-Loops, die sich in Melancholie suhlen. Dazu werden dann Zeilen gesungen wie „Sex with you is better than us. It‘s good to breathe.“ Insgesamt bewegt sich The Chap also im musikalischen Koordinatenkreuz zwischen Bands wie Broadcast, Wire und den Experimenten Vincent Gallos. Und das alles in trashigem Sound. Die Droge zu dieser Musik muss allerdings noch erfunden werden. Vielleicht bestünde die einfach aus einer Überdosis erhitzten Hustensafts und ein bisschen Cortison-Spray. Carsten Klook

Do, 17. 2., 22 Uhr, Schilleroper