Hundert Gen-Äcker gegen die Schädlinge

Demnächst wird erstmals hochoffiziell Genmais in Deutschland ausgesät. Wie viel Abstand zum nächsten gentechnikfreien Feld aber eingehalten werden muss, ist noch nicht geregelt. Heute Teil 2 des Gesetzes im Bundestag

BERLIN taz ■ Auf 102 Feldern mit etwa 1.000 Hektar wollen Landwirte und Forschungseinrichtungen in Deutschland gentechnisch veränderten Mais anbauen. Das geht aktuell aus dem Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hervor, in dem die geplanten Gen-Äcker registriert werden müssen. (www.bvl.bund/standortregister.htm). Saatgutfirmen und Gen-Landwirte werden vom ersten Teil des Gentechnik-Gesetzes – gültig seit Anfang Februar – verpflichtet, den Anbau zu kontrollieren und Schäden gegenüber Umwelt und Nachbar-Äckern zu vermeiden. Wie die Bundesländer dies kontrollieren, soll Teil 2 des Gentechnikgesetzes regeln, das heute in erster Lesung im Bundestag beraten wird.

In den letzten Tagen erfuhren die meisten Landwirte aus der Lokalzeitung, wo in ihrer Umgebung Genmais geplant ist. Zum Beispiel Bio-Landwirt Henrik Wendorf aus dem brandenburgischen Märkisch-Oderland. Mag anderswo Angst vor „Krieg auf den Dörfern“ zwischen Genbauern und Kritikern umgehen – hier nicht. Wendorf hat mit über 30 Landwirten eine gentechnikfreie Zone ausgerufen – eine von mittlerweile 50 in Deutschland. Ökolandwirt Wendorf, zugleich Chef des Kreisbauernverbandes: „Wir müssen mit den Genbauern im Gespräch bleiben.“

Es geht um den Maiszünsler, einen Schädling, dessen Raupe sich durch die Stängel frisst und so die Pflanze knickt. Weil der Zünsler nur schwer mit chemischen Mitteln zu töten ist, entschlossen sich einige Bauern, gentechnisch resistente Maissorten anzubauen. „Gegen den Mainszünsler haben auch Biobauern kein Wundermittel“, klagt Landwirt Wendorf. Was der Genmais aber auf den ersten Blick zu sein scheint: Dort stirbt die Raupe, weil ein Bakterien-Gen ein giftiges Eiweiß produziert. Umweltverbände fürchten allerdings, dass das Bakteriengift auf Dauer anderen Insekten und dem Bodenleben schadet.

Obwohl in seiner Nachbarschaft große Genmaisfelder geplant sind, will Biolandwirt Wendorf für seine Kühe auch wieder Mais anbauen – aber umgeben von großen Getreideäckern. Maispollen kreuzen sich nicht so weit aus wie Raps. Aber welche Sicherheitsabstände Genbauern zu ihren Nachbarn einhalten müssen, ist gesetzlich noch immer nicht geregelt.

„Die Verordnung über gute fachliche Praxis hängt in der Ressortabstimmung fest“, schimpft Heike Moldenhauer, Gentechnikexpertin des BUND. Der Gensaatgut-Hersteller Monsanto verpflichtet Genbauern zu einem Sicherheitsstreifen von zehn Metern, wenn der Nachbar ebenfalls Mais anbaut. Zur Markteinführung will der Konzern die Ängste in der Nachbarschaft der Genlandwirte zerstreuen und macht ein großzügiges Angebot: Konventionellen Maisbauern, deren Maisfelder an Genfelder grenzen, wird die Ernte zu üblichen Marktpreisen garantiert abgekauft.

Zehn Meter Sicherheitsabstand hält Ruth Brauner vom Öko-Institut Freiburg bei Genmais für viel zu gering. „Auf der Basis weltweiter Studien müssten es zwischen 500 und 1.000 Meter sein.“ BEATE STRENGE