Dunga weist den Weg

CONFED-CUP Brasiliens Nationalcoach hat Konsequenzen gezogen, die den Italienern noch bevorstehen

■ Drei Jahre nach dem Triumph von Berlin stimmten die Gazetten den Abgesang auf die WM-Helden von 2006 an. „Das Italien, das die WM gewonnen hat, gibt es nicht mehr“, urteilt die Sporttageszeitung Tuttosport. Zuletzt hatte die Squadra Azzurra im April 1929 zur Halbzeit 0:3 zurückgelegen – beim 0:3 in Wien gegen Österreich. „Eine Schande!“, titelte Corriere dello Sport. „Italienische Finsternis. Wir waren Mumien, und wir bleiben Mumien“, schreibt die Gazzetta dello Sport. Und weiter: „Die Mannschaft hat viele Falten gezeigt.“ Die Gazzetta mahnt „die Diskussion über einen Generationswechsel“ an. Vor allem Weltmeistertrainer Marcello Lippi rückt in den Fokus der Kritik: „Er stellt sich taub, er will keine Revolution einleiten“, heißt es in Tuttosport: „Doch er wird ganz bestimmt die Mannschaft neu aufbauen müssen.“

PRETORIA taz | Signore Lippi schleppte sich aufs Podium, sparsame Mimik, verächtlicher Blick. Die erste Frage verlief glatt, gefolgt von einer höflichen Antwort, die zweite genauso. Bei der dritten wurde es heikel. „Junge Spieler, junge Spieler, immer junge Spieler“, knurrte Lippi, bevor der Reporter seine Frage zu Ende stellen konnte. „Was wollt ihr? Soll ich sieben oder acht junge Spieler auf einmal bringen?“

Marcello Lippi, 61, der Nationaltrainer Italiens, trägt eine Last: Er wird an 2006, dem WM-Erfolg, gemessen, vermutlich wurde ihm das nie so klar wie am Sonntag in Pretoria. 0:3 verlor sein Team gegen Brasilien. Ein Sieg, zwei Niederlagen, Italien fliegt heim, und Lippi muss eine Debatte führen, auf die er gern verzichtet hätte: Wie teile ich einer verdienten Spielergeneration mit, dass ihre beste Zeit abgelaufen ist?

Rat könnte sich Lippi bei seinem brasilianischen Trainerkollegen Carlos Dunga holen. Sieben der 23 Spieler in der Seleção waren bei der WM in Deutschland dabei, zwölf waren es im italienischen Team, acht von ihnen standen in Pretoria in der Startelf. Ein Tor hätten sie erzielen müssen, um die USA (3:0 gegen Ägypten) aus dem Halbfinale zu kicken. „Das wussten wir“, sagte Lippi. „Wir sind im Moment nicht konkurrenzfähig“, sagte Torhüter Gianluigi Buffon. Gegen Ägypten (0:1) wirkte die Offensive ungeordnet, gegen Brasilien liefen die Italiener orientierungslos übers Feld. Und dann diese Abwehr um Cannavaro und Zambrotta, einst betörend, nun schludrig und langsam.

Der Commissario tecnico steht in der Kritik wie seit Jahren nicht, aber hoffnungslos ist die Lage keineswegs. In Giuseppe Rossi, 22, beherbergt beim FC Villarreal, schickte Lippi ein großes Talent auf die Bühne, zweimal traf er gegen die USA (3:1). In der Startelf standen in Giorgio Chiellini, 24, Juventus Turin, und Riccardo Montolivo, 24, AC Florenz, zwei Spieler aus der neuen Generation, auf der Bank wartete Davide Santon, 18, Inter Mailand, auf seine große Stunde.

Dunga, früher in Stuttgart aktiv, übernahm Brasiliens Team nach der WM 2006, brach mit alten Strukturen. Die Fixsterne von früher fehlen in Südafrika. Geführt wird die Elf von Kaká, getragen wird sie von Maicon, Melo, Ramires oder Luis Fabiano, der gegen Italien zweimal traf. Brasilien ist seit vierzehn Spielen unbesiegt, der Einzug ins Finale des Confed-Cups gegen Südafrika am Donnerstag scheint Formsache zu sein. Trainer Dunga: „Wenn wir dem Gegner wehtun können, dann machen wir das.“

RONNY BLASCHKE