Visa-Erlass ist human

Flüchtlingsverbände sprechen sich für die grüne Visa-Praxis aus – und fordern deren Ausweitung

RUHR taz ■ Flüchtlingsorganisationen aus dem Ruhrgebiet geben dem angeschlagenen Außenminister Rückendeckung: „Der Visaerlass ist eine Humanisierung der Einreisepraxis“, sagt Knut Rauchfuss von der medizinischen Flüchtlingshilfe in Bochum. Menschenhandel werde nicht durch eine liberale, sondern durch restriktive Gesetze begünstigt. Die Klage der konservativen Gemüter sei eine „scheinheilige Entrüstung“, so würde nur Stimmung auf dem Rücken der betroffenen Migrantinnen gemacht.

Die Medizinische Flüchtlingshilfe ist eine ruhrgebietsweite Anlaufstelle für Asylsuchende. Sie erhalten Hilfe für ihre Behördengänge und kostenlose ärztliche Behandlung. Unter den Hilfesuchenden sind immer wieder Frauen, die sich als Prostituierte in Deutschland aufhalten. „Wer die Rechte dieser Frauen stärken will, der muss ihnen zunächst zu einem legalen Status verhelfen“, sagt Rauchfuss. Nur so werde es möglich, Opfer von Frauenhandel zu Aussagen vor Gericht gegen ihre Peiniger zu bewegen. Tatsächlich müssen diese Frauen bisher damit rechnen, nach dem Prozess wieder abgeschoben zu werden. Das Zeugenschutzprogramm gewährt ihnen oftmals nur eine kurze Frist von zwei bis drei Monaten.

Für die Flüchtlingshilfe ist der Menschenhandel eine Folge der Abwehrpolitik gegen Flüchtlinge. „Je höher die Mauern um Europa gezogen werden, desto mehr Menschen sind gezwungen, sich in die Hände krimineller Schleusergruppen zu bewegen“, so Rauchfuss. Er fordert das Bundesaußenministerium dazu auf, jetzt in die Offensive zu gehen und für eine humanitäre Einreisepolitik einzutreten. Von der Union sei nichts anderes zu erwarten als die derzeitigen unappetitlichen Ressentiments gegen Menschen aus Osteuropa.

ANNIKA JOERES