Die Jäger von Joschka Fischer sehen nur Erfolge

Union und FDP sind sich sicher: Jetzt kann es endlich aufwärts gehen. Und der Untersuchungsausschuss zur Visa-Affäre hat sich ausgezahlt

BERLIN taz ■ Die FDP hat zwar Stimmen verloren im Vergleich zur letzten Landtagswahl in Schleswig-Holstein, und auch vom angepeilten Ergebnis „10 plus x“ ist man weit entfernt – dennoch fühlte sich Parteichef Guido Westerwelle gestern „regelrecht beflügelt“. Denn mit dem schwarz-gelben Wahlsieg in Schleswig-Holstein hat der FDP-Chef gleich drei Ziele erreicht.

Außenminister möchte der Liberale am liebsten werden und in diesem Amt den Grünen Joschka Fischer beerben. So rechnet er es sich hoch an, dass es seiner Partei auch diesmal gelungen ist, in Schleswig-Holstein „drittstärkste Kraft vor den Grünen“ zu bleiben. Außerdem hat man – nach liberaler Rechnung – nun „die 29. Wahl seit 2001 erfolgreich bestanden“. Solche Rekordmitteilungen sind wichtig für Westerwelle, der sich als Parteichef immer wieder beweisen muss. Auch viele Liberale trauen ihm nicht wirklich zu, zusammen mit CDU-Chefin Angela Merkel im Bundestagswahlkampf erfolgreich gegen das Duo Fischer/Schröder zu punkten. Doch ein solcher Bundessieg – dritter Grund zur Freude – wirkt nun wahrscheinlicher. Westerwelle diagnostizierte gestern die bundesweite „Einleitung eines Machtwechsels“ und einen „Abschied von Rot-Grün“.

Nach dem SPD-Debakel in Schleswig-Holstein sieht der FDP-Chef „erhebliche Signalwirkungen“ auch für Nordrhein-Westfalen – der letzten noch rot-grünen Landesregierung. Und fällt erst einmal diese Bastion, so Westerwelles Kalkulation, dann kann sich Rot-Grün auch im Bund nicht mehr halten. Da trübt es die Freude kaum noch, dass in Schleswig-Holstein CDU und Grüne hinzugewonnen haben – und nicht die FDP.

CDU-Generalsekretär Volker Kauder trat schon vor die versammelte Presse im Berliner Adenauer-Haus, als seine Parteifreunde sich noch nicht einmal anständig zugeprostet hatten. „Rot-Grün wurde abgewählt. Die Bürger haben Peter Harry Carstensen einen klaren Auftrag zur Regierungsbildung in Schleswig-Holstein gegeben“, sagte Kauder. Da war die erste Hochrechnung gerade mal fünf Minuten alt und die CDU lag 1,5 Prozentpunkte vor der SPD. So klar konnte der Auftrag da noch gar nicht sein.

In der Berliner CDU-Zentrale herrschte trotzdem ausgelassene Stimmung. Dass die Union stärkste Partei geworden war, hatten dort vor ein oder zwei Wochen nicht einmal die größten Optimisten zu hoffen gewagt. Für den Wechsel in der Stimmung machte Kauder sowohl die Diskussion über die Wirtschaftslage als auch die Visa-Affäre der Grünen verantwortlich. Die Botschaft des Chefangreifers der Union ist klar: Die Angriffe haben sich ausgezahlt, der Ton war richtig gesetzt mit den Wahlkampfschlagern „fünf Millionen Arbeitslose“ und „Schleuserkriminalität“.

Kauders nächstes Ziel: die nächste Landtagswahl. „Das heutige Wahlergebnis ist eine gute Botschaft für Jürgen Rüttgers und die CDU an Rhein und Ruhr“, jubelte Kauder. Vor allem aber verschafft der Erfolg Parteichefin Angela Merkel Erleichterung. In den letzten Wochen keineswegs unumstritten, kann sie jetzt durchatmen – bis zum 22. Mai, dem Tag der NRW-Wahl. PHILIPP DUDEK, ULRIKE HERRMANN