Prinzip: Hoffnung

Menschenrechtlerin Elsa de Oesterheld und Pastor Kuno Hauck kämpfen für Gerechtigkeit – und wurden gestern dafür ausgezeichnet

Bremen taz ■ Der Argentinierin Elsa de Oesterheld und dem Nürnberger Pastor Kuno Hauck wurde gestern im Bremer Rathaus der 9. Bremer Solidaritätspreis überreicht. Mit dieser Auszeichnung würdigt der Senat das Engagement zweier Menschen, die sich auf internationaler Ebene für Bestrafung staatlicher Willkürherrschaft in Argentinien sowie für Wahrheit und Gerechtigkeit einsetzen.

„Ich selbst spüre, dass ich nicht passiv sein kann. Ich weiß, dass ich – solange ich lebe – etwas tun muss.“ Die 80-jährige Elsa de Oesterheld verleiht seit 30 Jahren ihren argentinischen Landsleuten, die durch die von 1976 bis 1983 herrschende Militärjunta Angehörige verloren, eine Stimme. Eine Stimme, die sie erhebt, weil ihr eigener Schmerz sie dazu zwingt. Elsa de Oesterheld verlor ihre vier Töchter – zwei waren zum Zeitpunkt ihres „Verschwindens“ schwanger – und ihren deutschstämmigen Ehemann (sein Großvater war Bremer), den Schriftsteller Hector de Oesterheld. Sie engagierten sich politisch gegen das Regime, das Gegner verschleppte und tötete. Eine ganze Generation Intellektueller sei so ausgetilgt worden. „Ein langsamer Tod, zu dem man uns verurteilt hat“, beschreibt die 80-Jährige. Und meint damit auch die Unerträglichkeit, die einer Folter gleich käme, weil die Verantwortlichen bisher nicht zur Rechenschaft gezogen worden.

Heute setzt sich die Preisträgerin, die in der Organisation „Großmütter der Plaza de Mayo“ aktiv ist, mit der Gruppe der Angehörigen von deutschen und deutschstämmigen Verschwundenen in Argentinien für die Aufklärung des Schicksals der Verschollenen sowie für ein Ende der Straflosigkeit ein.

Im Klartext heißt das: Oesterheld und ihre MitstreiterInnen, zu denen auch der zweite Preisträger, Pastor Kuno Hauck als deutscher Vertreter der „Koalition gegen Straflosigkeit“ gehört, kämpfen um reelle Bestrafung der Täter. In Argentinien ist das fast unmöglich, da es dort Amnestiegesetze gibt, die ehemalige Militärs verschonen. „Solange Söhne, Töchter, Väter, Mütter, Partner als verschwunden gelten und über diese furchtbaren Verbrechen weder die Wahrheit ans Licht gekommen ist, noch Gerechtigkeit geschehen ist, sind Menschenrechtsverletzungen – auch wenn sie lange zurückliegen – noch aktuell.“ Die „Koalition gegen Straflosigkeit“ versucht über die deutsche Justiz, argentinische Straftäter zu belangen. Bisher wurden 34 Fälle zur Strafanzeige gebracht. 2004 wurde sogar die Auslieferung von Ex-Junta-General Jorge Videla beantragt. Bisher allerdings ohne Erfolg. Aber weder Elsa de Oesterheld noch Kuno Hauck werden aufgeben. Der Preis mache sie stark – nach dem Prinzip: Hoffnung. dab