Von farbloser First Lady zu Bushs bester Waffe

Laura Bush, Ehefrau des US-Präsidenten, findet zusehends Gefallen an ihrem Amt und setzt eigene Akzente

Als Laura Bush ins Weiße Haus einzog, musste sie sich eines großen Schattens erwehren: Hillary Clinton, einer übermächtigen Präsidentengattin und blitzgescheiten Juristin. Die neue First Lady dagegen wirkte farblos. Zwar sehnte sich Amerika auch nach einer Gattin, die Ruhe in das skandalerschütterte Oval Office brachte, doch bitte mit einem bisschen mehr Glamour und Schick.

Bush jedoch galt als provinziell, bodenständig und langweilig. Die Presse spottete über ihre Kleider und Frisur. Für viele verkörperte sie die brave Ehefrau. Diese Wahrnehmung gehört der Vergangenheit an. Spätestens seit ihrem Auftritt auf dem Republikanerparteitag im letzten August in New York, wo sie selbstbewusst und humorvoll das Publikum um den Finger wickelte, bezweifelt niemand mehr ihre Qualitäten. US-Medien bezeichneten sie im Wahlkampf als „Bushs beste Waffe“.

Umfragen zufolge loben mittlerweile 85 Prozent der Amerikaner ihre Arbeit und ihren Stil – eine Zahl, von der ihr Ehemann nur träumen kann. In vier Jahren hat sie eine Metamorphose durchlebt. Merkte man ihr anfangs an, dass sie sich nicht besonders wohl fühlte in ihrer Haut als First Lady, füllt sie nun mit sichtlicher Freude ihr Amt aus. Ihre schlichte Garderobe ist elegant geworden. Frühere Skepsis gegenüber der heute 59-Jährigen aus einfachem Hause ist Sympathie gewichen, auch weil ihr zähmender Einfluss auf Ehemann George bekannt ist. Dem liest sie bisweilen nach raubeinigen Kommentaren die Leviten.

Anders als Clinton mischt sie sich nicht aktiv in die Politik ihres Mannes ein. Von einer Beraterfunktion in vertrauten Bereichen wie Bildungspolitik hält die ausgebildete Lehrerin und Bibliothekarin nichts. Dafür setzt sie ihre eigenen Akzente. Sie engagiert sich in sozialen Initiativen, um lernschwache Schüler vor dem Schulabbruch zu bewahren. Aber sie reist in frostigen transatlantischen Zeiten auch schon mal allein nach Paris, trifft dort Jacques Chirac und gibt so zu verstehen, dass in den amerikanisch-französischen Beziehungen Hopfen und Malz nicht verloren sind.

Apropos Alkohol. Sie und nicht Jesus ist der Grund, warum George vor 18 Jahren seinem geliebten Whiskey abschwor. Irgendwann, nach Autounfällen und anderen Exzessen, soll sie ihn vor die Wahl gestellt haben: Jim Beam oder ich. Seither trinkt Bush Junior keinen Tropfen mehr. Doch auch sie hatte ihr Laster: Rauchen. Gefragt von der zukünftigen Schwiegermutter nach ihren Lieblingsbeschäftigungen beim Antrittsbesuch im Hause Bush, antwortete sie: „Ich rauche, lese und bewundere.“

Die Glimmstängel hat sie aufgegeben. Lesen ist noch ihre Leidenschaft. Derzeit stehen bei ihr und George Tom Wolfes Novelle „I am Charlotte Simmons“ über ausschweifende Sexeskapaden an US-Universitäten auf der Bestsellerliste. Vielleicht wollen sie sich auf abenteuerliche Geschichten ihrer beiden Töchter einstimmen, die bald aufs College gehen. MICHAEL STRECK